Text : Vincent Gillioz

Neun Boote, darunter eines in Schweizer Farben, nahmen an der Auftaktregatta der RC44 Tour teil. Der 44Cup Oman bildet den ersten von fünf Events dieser Owner/Driver-Rennserie. Die arabische Halbinsel war schon zum vierten Mal Austragungsort der Regatta und bot auch diesmal an allen vier Wettkampftagen beste Bedingungen. Bei acht bis zwanzig Knoten Wind kamen zwölf Läufe zustande. Gewonnen hat Team Ceeref powered by Hrastnik 1860 des slowenischen Geschäftsmanns Igor Lah und des britischen Taktikers Adrian Stead. Black Magic des Schweizers Christian Zürrer belegte den achten Platz bei neun Teilnehmern. Zürrer war zwar etwas enttäuscht über das Abschneiden seines Teams, konnte dem Cup aber auch Positives abgewinnen. Er habe viel dabei gelernt, meinte er zuversichtlich.

Hochkarätige Flotte

Die RC44 ist bei internationalen Topseglerinnen und -seglern immer noch beliebt. In jedem Team wirken Weltmeister, Olympiamedaillengewinner und Mitglieder von America’s-Cup-Syndikaten mit. Iain Percy auf Artemis Racing, Hamish Pepper auf Charisma, Vasco Vascotto auf Peninsula Racing und Cameron Appleton bei Team Acqua sind nur einige der vielen klingenden Name Unter den Eignern der RC44 findet man Segelbegeisterte aus der Finanz- und Immobilienbranche sowie aus dem Bereich Shipping & Trading. Sie schätzen es, auf Topniveau zu regattieren und ihre Jacht dabei selbst zu steuern. Diese Chance bieten ihnen die RC44. Die Boote seien gar nicht einmal so teuer, sagt Klassenpräsident Bertrand Favre: «Ein Boot kostet zwischen 300 000 und 800 000 Euro, je nachdem, ob es sich um ein Occasions- oder ein neues Modell handelt. Für Reisen, Löhne, Wartung und Bootsanpassungen muss man mit rund 800 000 Euro pro Saison rechnen. Verglichen mit einer TP52 oder einer ClubSwan 50 ist das das recht günstig», versichert der Serie Master und nennt dann gleich zwei weitere Vorteile: «Es gelten strenge OneDesign-Regeln, die jedes Jahr angepasst werden, und das Niveau ist aussergewöhnlich hoch.»

Die RC44 sind Anfang März im omanischen Maskat in ihre Saison gestartet. Die von Russell Coutts vor 18 Jahren ins Leben gerufene Klasse reiste zum vierten Mal in das Sultanat, das nicht nur für seine Seefahrertradition, sondern auch für sein Engagement im Regattasport bekannt ist.

CHRISTIAN ZĂśRRER, DER EIGENTĂśMER UND STEUERMANN DER BLACK STAR, WĂśRDE NEBEN DEM J70-WELTMEISTER
UND TRIMMER GRÉGOIRE SIEGWART GERNE WEITERE SCHWEIZER SEGLER INS TEAM INTEGRIEREN

Sich einen Platz erkämpfen

Für die Schweizer Crew ist es derzeit nicht ganz einfach, der Konkurrenz das Wasser zu reichen. Die meisten anderen Teams sind schon lange dabei und kennen ihre Boote in- und auswendig. «Dieses ist unsere fünfte Regatta bei den RC44», sagte Christian Zürrer in Oman, «die dritte mit unserem neuen Boot. Klar bin ich etwas enttäuscht über unser Ergebnis. Wenn man an einem Wettkampf teilnimmt, erhofft man sich natürlich mehr. Positiv ist hingegen, dass wir ein gutes Team haben, das gern zusammen segelt. Die Crewmitglieder sind nicht finanziell motiviert, sie freuen sich, Teil von Black Magic zu sein.» Um zu verstehen, was in Oman schiefgelaufen ist, will Zürrer ein ausführliches Debriefing durchführen: «Wir werden Punkt für Punkt analysieren, und dann schauen, was wir verbessern können. Bei unserem System kann sich jede und jeder einbringen und Ideen äussern, die uns weiterbringen. Das können Details sein, Aspekte, die nicht direkt mit der Navigation zusammenhängen, wie beispielsweise die Verpflegung. Wir versuchen, die Anregungen zu berücksichtigen, wenn wir uns dadurch steigern können.» Um mithalten zu können, vertraut Christian Zürrer derzeit auf ein internationales Team. Ziel ist es aber, möglichst bald möglichst viele Schweizerinnen und Schweizer an Bord zu haben. Momentan mit dabei sind «der vierfache Olympionike Flavio Marazzi am Grosssegel, der frischgebackene J70-Weltmeister Grégoire Siegwart als Trimmer und Anina Fässler als Vorschoterin. Ansonsten besteht das Team aus zwei neuseeländischen Mitgliedern, darunter die Match-Racerin Célia Wilson, einem Iren und einem Briten.» Es sei unmöglich, in der Schweiz die nötigen Kompetenzen auf dem gefragten Niveau zu finden, beteuert der Eigner. Er hoffe aber, dass sich das ändert, denn: «Ich möchte jungen Talenten, die bereit sind, ihre Komfortzone zu verlassen, den Weg zum professionellen Segeln ebnen.»

Nico Martinez

Ausgewogenes Feld

Ein Blick auf die Ergebnisse der letzten Jahre zeigt, wie ausgewogen das Niveau ist. Jedes Boot hat bereits Hochs und Tiefs erlebt. Zwar dominiert der Sieger von Maskat, aber Artemis und Team Acquawurden in Oman 6. und 7., obwohl sie andernorts bereits mehrfach aufs Podest gesegelt waren. Die Schweizer sollten ihre Hoffnungen daher nicht zu frĂĽh begraben.

zVg

Christian Zürrer hat nicht nur als Skipper, sondern auch als Segelfan grosse Ambitionen: Er möchte die RC44 nächstes Jahr in die Schweiz bringen. Zu viel verraten möchte er noch nicht, aber sein Projekt, das von den Mitgliedern der Klasse unterstützt wird, scheint auf gutem Weg. Vielleicht können die Jugendlichen so für eine Profikarriere im Segelsport begeistert und, warum nicht, neue Käufer für einen RC44 gewonnen werden. Die derzeit aus neun Booten bestehende Flotte könnte problemlos und schnell zwei weitere aufnehmen.

Oman, die andere Segelnation

Die Organisation Oman Sail wurde 2008 mit dem Ziel gegründet, das maritime Erbe Omans aufleben zu lassen und mithilfe des Segelsports, insbesondere auf Wettkampfebene, für das Land zu werben. Oman Sail unterstützt mehrere Ausbildungsprogramme für die Jugend und fördert ein paralympisches Segelteam. An Regatten konnte Oman Sail schon einige beachtliche rfolge feiern. So gewann das Boot in den Farben des Sultanats bereits zweimal die Extreme Sailing Series und der MOD70-Trimaran Musandam-Oman Sail brach 2014 mit Skipper Sidney Gavignet den Rekord für die schnellste Umrundung der britischen Inseln.

Raiya Al Habsi von Oman Sail nahm 2013 als erste arabische Frau an der Fastnet teil, was ihr eine Nomination für den prestigeträchtigen Preis Rolex World Sailor of the Year inbrachte. Und Organisationsmitglied Mohsin Al Busaidi war der erste arabische Segler, dem eine Nonstop-Weltumsegelung gelang. Derzeit konzentriert sich Oman Sail auf sein Ausbildungszentrum in der Al Muj Marina in Maskat und die Organisation verschiedener Sportveranstaltungen im Land.

RC44 Tour 2023

1.–4. März: 44Cup Oman, Maskat
28. Juni-2. Juli: 44Cup Marstrand, Schweden
9.–13. August: 44Cup 2023 World Championship Cowes, Isle of Wight, Grossbritannien
18.–22. Oktober: 44Cup Alcaidesa Marina, Gibraltar
22.–26. November: 44Cup Calero Marinas, Kanarische Inseln