Ein stürmischer Start und orkanartige Bedingungen bei der Ausfahrt aus dem Solent machten das diesjährige Fastnet Race zur Herausforderung. Die Teilnehmer kämpften in dem Hexenkessel mit Böen von mehr als 90 km/h und Wellen von allen Seiten gegen ein entfesseltes Meer. Bereits nach zwanzig Stunden hatten 86 Teams das Rennen aufgegeben.

Text: Jean-Guy Python

Die grösste Offshore-Regatta der Welt feierte ihr 150-jähriges Bestehen mit einer Rekordbeteiligung. Zu dieser Jubiläumsausgabe hatten sich 4500 Seglerinnen und Segler aus 31 Ländern auf 480 Booten eingefunden. Dieses Jahr führte der Hochseeklassiker von Cowes auf der Isle of Wight über den berühmten Fastnet-Felsen vor der Südwestküste Irlands nach Cherbourg in Frankreich – und damit zum zweiten Mal in seiner Geschichte nicht nach Plymouth (England).

Auf diesem Kurs schlug sich die Schweizerin Justine Mettraux hervorragend. Nach einem Fastnet-typischen Rennverlauf mit 40 Knoten Wind im Ärmelkanal und dem frühzeitigen Aus von mehr als 160 Booten (ein Drittel der Flotte!) kamen Justine Mettraux und Julien Villion als 7. ins Ziel. Ein beachtliches Resultat, das angesichts der krassen Bedingungen zusätzlich an Bedeutung gewinnt.

An ihrem erstem Saisonrennen hielt sich TeamWork im ersten, besonders stürmischen Streckenteil gut und konnte den Rhythmus auch danach halten. Gegen das aus vier neueren IMOCA bestehende Führungsquartett mit der von Charlie Dalin und Pascal Bidégorry gesteuerten Siegerjacht Macif vermochte das Schweizer Duo jedoch nichts auszurichten.
Charlie Dalin gewann das Fastnet Race damit zwei Jahre nach seinem Sieg auf Apivia erneut, diesmal allerdings an Bord eines neuen Boots. Nur einen Monat nach ihrer Einwasserung liess die Macif bereits ihr gewaltiges Potenzial aufblitzen. Sie war an den beiden Tagen auf weiten Strecken hinter Arkea Paprec mit Yoann Richomme und Yann Eliès hergesegelt, bevor das Rennen in den letzten Stunden nochmals eine entscheidende Wendung nahm. Westlich der Pointe de la Hague überholten Dalin und Bidégorry die Arkea Paprec und gaben die Führung bis ins Ziel nicht mehr ab. Sam Goodschild auf For the Planet vervollständigte das Podest.
Wenn die beiden «Juju» einen echten Wettkampf wollten, wurden sie bedient, denn die Regatta in den irischen Gewässern war alles andere als eine Spazierfahrt. In Cherbourg zog Justine Mettraux eine positive Bilanz: «Wir konnten mit der Spitze der zweiten Gruppe, die aus neueren Booten bestand, mithalten und haben uns bei den stürmischen Bedingungen sowohl auf Vorwind- als auch auf Amwindkursen gut geschlagen. Es gibt noch den ein oder anderen Punkt, den wir verbessern können, um die Manöver zu beschleunigen. Daran werden wir im August arbeiten.» Wenn sie auf diesem Weg weitermacht, wird die sympathische Genferin an der nächsten Jacques Vabre und an der Vendée Globe 2024 bestimmt für Furore sorgen.

Roura enttäuschend

Alan Roura und Simon Koster belegten nach einem nervenaufreibenden Rennen den 17. Platz, machten aber auf dem Anfang Jahr gemeinsam beschrittenen Weg weitere Fortschritte. Sie waren sich im Klaren, dass eine schwierige Aufgabe auf sie wartet. «Wir wussten, dass es erneut sehr kompliziert werden würde, an einer so kurzen Regatta, die zur Hälfte aus Amwindkursen besteht, gut abzuschneiden», bestätigt Alan. «Simon und ich wissen, dass wir bei Gegenwind am Limit segeln, mehr geht einfach nicht. Also zermartern wir uns nicht mehr den Kopf, sondern beissen die Zähne zusammen und lassen die Pferde los, sobald wir können.» Mit C-Foils am Wind zu segeln ist unmöglich und genau hier hapert es beim Duo Roura-Hublot. Da kann auch Simon Koster nichts ausrichten.
Obwohl die von Alex Thomsons Team einzig für die Vendée Globe entworfene IMOCA bei Wind von vorne unbestritten ein grosses Handicap hat, hält Roura an den C-Foils fest. Man hat ihn schon oft gefragt, ob er sie nicht anpassen wolle. Seine Antwort ist immer die gleiche: «Die Foils zu ändern würde bedeuten, dass man auch die Foilschächte und ihre Position ändern müsste. Das würde mehr als eine Million Euro kosten, was völlig überrissen und für uns nicht tragbar wäre.» Ausserdem würde es nicht der Philosophie des Bootes entsprechen, betont er. «Es wurde so gebaut und wir wussten das, als wir es gekauft haben. An seinem Wesen zu schrauben kommt für uns nicht in Frage.»

Elodie-Jane Mettraux auf Lazartigue

Die Riesenmultis kamen am besten mit den widrigen Bedingungen zurecht. François Gabart, Tom Laperche, Elodie-Jane Mettraux und die drei anderen Besatzungsmitglieder auf dem 32-MeterUltim SVR Lazartigue holten sich nicht nur den Sieg, sondern stellten mit 1 Tag, 8 Stunden, 38 Minuten und 27 Sekunden auch gleich einen neuen Streckenrekord auf. Ganz so problemlos verlief das Rennen aber auch für das Siegerteam nicht, wie Skipper François Gabart erzählt: «Die ersten Stunden des Rennens waren happig, der Wind kam von vorne und blies mit einer unglaublichen Wucht. Ich machte mir Sorgen um das Boot. Auf der Rückfahrt vom Fastnet-Felsen nach Cherbourg konnten wir vor dem Wind aber fast immer foilen. Wir haben die Banque Populaire praktisch nie aus den Augen verloren und wussten dank AIS stets, wie gut sie vorwärtskam. Das hat uns sehr unter Druck gesetzt.» Nur 58 Minuten und 16 Sekunden nach Gabarts Zieleinfahrt kreuzte Armel le Cléac’h auf Banque Populaire X die Linie. Auf der Hinfahrt hatten sich die beiden Ultims auf Höhe des Verkehrstrennungsgebiets Les Casquets getrennt. Direkt neben der Halbinsel Cotentin, wo die Trimarane wendeten, verletzte sich Le Cléac’h am Kopf, als die Scheibe vor dem Steuerstand von einer Welle zerschlagen wurde.

Ein Schweizer Boot gewinnt nach berechneter Zeit

Nach berechneter Zeit ging der Sieg dieser Jubiläumsausgabe an ein Boot unter Schweizer Flagge. Die Botin 52 Caro des deutschen Geschäftsmanns Max Klink aus Luzern, der mit einer überwiegend englischsprachigen Besatzung segelte, fuhr mit seinem 50-Fuss-Einrumpfboot in 3 Tagen, 19 Stunden, 22 Minuten und 29 Sekunden auf den ersten Platz in der IRC-Overall-Kategorie.