François Thorens vom CV VeveyLa Tour gewinnt auf seiner Psaros 40 Cellmen Ardentis die Echtzeitwertung. Nach berechneter Zeit siegt sein Clubkollege Christian Monachon auf der Ondine, einer 6,50 SI aus dem Jahr 1932!

Text: Grégoire Surdez

Genau das macht den Reiz der Syz Translémanique en solitaire aus: Der Gesamtsieger wird nach Handicap ermittelt, weshalb die Podestplätze erst feststehen, wenn das letzte Boot die Linie überquert hat. Oft bleibt die Regatta spannend bis zum Schluss, denn der Sieger kann je nach Wetter wie aus dem Nichts auftauchen, manchmal sogar am Steuer eines Bootes aus einer anderen Epoche. So geschehen an der 50. Ausgabe dieser legendären Einhandregatta auf dem Genfersee. Dort entschied eine sage und schreibe 90-jährige Jacht die Wertung nach berechneter Zeit für sich! Christian Monachon vom CV Vevey-La-Tour schrieb an der wohl anspruchsvollsten Binnenseeregatta Geschichte. Er gewann überlegen, obwohl schon etliche Jahre in den Planken seines Bootes stecken. Die altehrwürdige 6,5m SI aus dem Jahr 1932 entpuppte sich als Star der Jubiläumsausgabe. Dank ihres winzigen Handicaps stand Monachon nach 17h09’22’ als Sieger fest. Sogar die schnellsten Surprise-Jachten hatten das Nachsehen. «Für mich ist das eine wirklich schöne Überraschung», freute sich der Skipper. «Das Rennen hat für mich gar nicht gut begonnen, denn ich habe mir kurz nach dem Start eine Rippe gestaucht. Ausserdem waren die Wind- und Wetterbedingungen während der gesamten Regatta schwierig und ungewiss. Trotzdem hatte ich vom Start bis ins Ziel grossen Spass. Auf der Rückfahrt ist dann alles gelaufen wie am Schnürchen. Ich fühlte mich super und habe die Windwechsel gut hinbekommen.»

FRANÇOIS THORENS FINDET AUF SEINER PSAROS 40 CELLMEN ARDENTNIS
IMMER WIEDER DAS ERFOLGSREZEPT.

Christian Monachon ist vor 35 Jahren seine ersten Schläge auf der Ondine gesegelt. Sie gehört zur Klasse der 6,5m SI, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts ihre Blütezeit erlebte. Die alte Dame wurde 1932 in Arcachon gebaut und von der Familie Monachon jahrzehntelang liebevoll gepflegt. «Ich segle seit 1999 damit», erzählt der Waadtländer. «Mein Vater hat mich bereits als Dreijährigen mitgenommen, heute bin ich 38 Jahre alt. Das Boot ist sehr einfach, liegt tief im Wasser, hat keine Kabine und verfügt über wunderbare Segeleigenschaften.»

Prominente Schirmherrin

Dass die Ondine als Siegerin hervorgegangen ist, liegt auch daran, dass ihr Skipper alle Tücken erfolgreich umschifft hat. Die diesjährige Ausgabe hatte es angesichts der stürmischen Bedingungen in sich und wird vielen in Erinnerung bleiben, allen voran der Schirmherrin Justine Mettraux. Die Syz Translémanique en solitaire wurde ihrem Ruf als anspruchsvolles Rennen auf dem Wasser und festlicher Veranstaltung an Land wieder einmal gerecht. 135 Teilnehmer reihten sich neben der Weltklasseseglerin, die mit ihrer IMOCA-Jacht TeamWork die nächste Vendée Globe bestreiten wird, hinter der Startlinie auf.

Justine war für ein Wochenende aus Lorient in die Schweiz gekommen, wo sie einen alles andere als friedlichen Genfersee erlebte. Aber sie war ja zum Vergnügen hier und weil sie weiss, wie wichtig die Regatta in der Karriere vieler Seglerinnen und Segler ist. «Für alle, die eine Hochseekarriere anstreben und zum Beispiel die Mini-Transat bestreiten wollen, ist die Translémanique ein Meilenstein, denn hier können sie sich ein erstes Mal mit den Anforderungen und Besonderheiten des Einhandsegelns vertraut machen.»

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Tücken im Haut-Lac

Wie alle Teilnehmenden und Freiwilligen, die an diesem verlängerten Wochenende im Einsatz waren, wurde auch Justine Mettraux bei ihrer Rückkehr in die Schweiz «verwöhnt». Nach einem schönen Start unter Spi bei grauem Himmel ging im oberen Seebecken ein heftiges Gewitter nieder. Die Sturmböen fielen zwar nicht ganz so gewaltig aus wie an der denkwürdigen Bol d’Or Mirabaud von 2019, aber einige Windmesser zeigten doch mehr als 35 Knoten an. Am schlimmsten erwischte es Arnaud Gavairon, dessen Psaros 33 Petrel einen Mastbruch erlitt. Justine Mettraux kam mit ihrer Luthi 38 Body and Soul problemlos durch die Windböen. Sie hatte allerdings nicht das Boot, um in Echtzeit um den Sieg mitspielen zu können.

Auf Messers Schneide

Den Sieg in Echtzeit machten François Thorens und Philippe Séguret untereinander aus. Sie lieferten sich auf der Rückfahrt von der Alten Christopher Shand EP Media zVg Rhone nach Genf ein erbittertes Duell. Sogar als die beiden in der tiefschwarzen Nacht bei einsetzendem Platzregen die Einfahrtsboje passierten, stand der Sieger noch nicht fest. Unter Spi ging François Thorens aufs Ganze und errang auf seiner Psaros 40 Cellmen Ardentis seinen vierten Sieg. Mit einem letzten, gewagten Schlag konnte er seinen 15-Sekunden-Vorsprung vor Philippe Seguret wahren, der bis zum Schluss nicht aufgab. «Das Finale war sehr intensiv», sagte dieser, als er im Tender der SNG im Trockenen sass. «Ich hatte seit Thonon keinen Spi mehr, denn beim Einholen fiel die Schot ins Wasser, ein Motorboot blieb darin hängen und durchtrennte sie. Am Ende fehlten mir wenige Sekunden. Ich bin 50 Jahre alt und es ist die 50. Ausgabe, nur schon deshalb hätte ich gerne gewonnen, aber es sollte nicht sein und ich bin zufrieden mit dem Ergebnis.»

Den dritten Platz in Echtzeit belegte ein weiterer in der Genferseeregion bekannter Segler. Guillaume Rigot bestritt seine erste SYZ Translémanique en solitaire. «Eine unglaubliche Erfahrung, für die mir Nicolas Groux seine MSC zur Verfügung gestellt hat. Ich möchte ihm an dieser Stelle dafür danken. Nach einem super Start ins Rennen hatte auch ich grosse Probleme mit dem Spi. Er hat sich um den Vorstag gewickelt und war für den Rest des Rennens unbrauchbar.»

Mehrere Stunden nach der Zieleinfahrt der schnellsten Boote hielt der Kampf in der Königsklasse der Surprise die Zuschauerinnen und Zuschauer in Atem. Wie vor einem Jahr war es Cédric Pochelon vom CV de la Baie de Corsier, der sich gegen die anderen 48 Surprise-Jachten durchsetzte. Der Genfer und Vorjahressieger konnte sich damit darüber hinwegtrösten, dass er den Sieg nach berechneter Zeit Ondine überlassen musste. 1’30 hinter Pochelon ging Fred Moura als 2. über die Ziellinie, kurz dahinter folgte Nicolas Fröhlich auf dem 3. Platz.