Bereits zehn Jahre vor der Swiss Sailing League hat der compasscup gezeigt, dass Segelregatten zwischen Clubs auf identischen Booten attraktiv sind. Die Erfolgsgeschichte ist noch lange nicht zu Ende.

Text: Walter Rudin Fotos: Anja Stöckli

Dass die Swiss Sailing League ein Erfolgsmodell ist und in der Schweizer Segelszene einen hohen Bekanntheitsgrad geniesst, gilt als unbestritten. Der compasscup ist eher regional um den Zürichsee bekannt, obwohl er bereits zehn Jahre früher die Idee einer Interclub-Regattaserie mit identischen Jachten erfolgreich umgesetzt und damit Pionierarbeit geleistet hat. Die Institution compasscup beruht auf einer Symbiose zwischen grosszügigen Sponsoren, aktiven Segelclubs und einem innovativen Veranstalter. 2006 hat damit auf dem Zürichsee eine neue Ära von sportlich fairem Wettbewerb zwischen den aktivsten Segelclubs begonnen. Ziel der Initiative war und ist es, den Segelsport auf breiter Ebene zu fördern, die Region für Segelnde und Segelbegeisterte attraktiver zu gestalten und die Kontakte in und zwischen den Segelclubs des Sees zu intensivieren.

Spontane Idee umgesetzt

Ende der 1990er-Jahre herrschte in der Segelszene Hochkonjunktur und die ambitionierten Clubs am Zürichsee versuchten sich mit immer grösseren und schnelleren Jachten zu übertrumpfen. Die Regatten wurden von Chaps 30, Joker, Asso 99, Juwel und sogar einer Libera B dominiert. Es sei ja eh nur das schnelle Boot, nicht die Qualität der Crew, die über den Sieg entscheide, versuchte man den Verdienst der Sieger herunterzuspielen. Eine solche Reiberei zwischen dem Segel Club Männedorf und der Konkurrenz aus Herrliberg soll den Ausschlag zur Geburt des compasscup gegeben haben. An einer Preisverteilung habe Peter Stöckli die Idee geäussert, dass ein fairer Vergleich unter den Segelclubs eben nur mit identischen Jachten möglich sei. Als dann Thomas Cantz die OnyxJacht zeichnete und den Vertrieb aufbauen wollte, ergriff Patrick Stöckli die Chance und trieb die nötigen Sponsoren auf. Der Cup war lanciert.

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Kontinuität vor Expansionslust

Eine innovative und aktive Gruppe trieb das Projekt mit viel Elan und Stehvermögen voran. 2006 war es schliesslich soweit: Vier brandneue OnyxJachten konnten an den Start gehen. Der Erfolg liess nicht lange auf sich warten, schon nach den ersten Jahren wuchs die Onyx-Clubflotte des compasscup auf fast zehn Einheiten an. Doch die Organisatoren wollten kein rasantes Wachstum; Kontinuität stand im Vordergrund und das war gut so. Dank dieser umsichtigen Strategie hat der compasscup sowohl die Wirtschaftskrise als auch den Eintritt der Swiss Sailing League in Clubwettbewerbe schadlos überstanden.

Natürlich ist die Swiss Sailing League deutlich breiter aufgestellt und international vernetzt. Cupveranstalter Patrick Stöckli sieht sie aber nicht als Konkurrenz: «Die Liga ist die perfekte Ergänzung zum compasscup. Sie bietet Events in der ganzen Schweiz an, wir dagegen nur auf dem Zürichsee. Die Liga verfügt über günstigere, gut verbreitete J70-Jachten, wir über die Onyx, die für unseren Cup gebaut wurde. Wir sprechen auch verschiedene Zielgruppen an. Da ist genug Platz für beide Plattformen. Wichtig ist doch nur, dass für unseren schönen Sport etwas gemacht wird.»

Erfolgreiches Sponsoring

Ein bedeutender Unterschied zur Liga liegt im Sponsoring. Beim compasscup bieten die Clubs den Sponsoren eine starke Identifikationsmöglichkeit, ihre Onyx-Jachten sind mit deren Logo geschmückt und die Geldgeber werden als echte Partner behandelt. Dazu gehört, dass alle Acts mit Bericht sowie hochwertigem Film- und Fotomaterial nachbereitet werden. Tatsächlich arbeiten die compasscup-Veranstalter hochprofessionell und betreiben auch in schwierigen Zeiten erfolgreich Sponsorensuche. Vorletztes Jahr konnten gleich zwei neue Firmenjachten in die Flotte aufgenommen werden. «Wir versuchen, den Sponsoren viel Mehrwert zu bieten, und zwar nicht nur auf dem See, sondern auch in der Branche des Sponsors», sagt Patrick Stöckli. Das geht nur mit viel Herzblut. Etwa 800 Stunden pro Jahr investieren die Veranstalter jährlich in die Vor- und Nachbereitung der Regatten, sicher ein entscheidender Faktor für den Erfolg des Projekts.

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Viel Wind in der Saison 2023 Das Konzept des compasscup ist so ausgereift, dass es seit 17 Jahren ohne grosse Änderungen funktioniert. Pro Jahr werden acht Acts gesegelt, fünf davon auf dem Zürichsee, die anderen in beliebten, windreichen Segelrevieren der Schweiz. Durchschnittlich sind jeweils etwas mehr als zehn Onyx-Jachten am Start. Den Siegreichen winken nicht nur Pokale, der Cupsponsor Compass Yachtzubehör AG setzt jedes Jahr Preisgelder im Wert von insgesamt 10 000 Franken aus.
Aiolos hat es diese Saison bisher gut gemeint mit den Onyx-Events. Bereits zum Auftakt beim Zürcher Yacht Club konnte ausreichend gesegelt werden, zur Mairegatta in Horgen gab es sogar eine schöne Bisenlage. Bei der Pfingstregatta wurde das Langstreckenrennen von Zürich nach Rapperswil bei idealem Westwind in Rekordzeit absolviert, bevor an den Folgetagen die Up-Down-Kurse in der Kempratner Bucht ausgetragen wurden. An den drei auswärtigen Acts im Vorsommer wurden die windsicheren Gebiete ihrem Ruf mehr als gerecht. Brunnen und Ascona boten Traumbedingungen, die ein Maximum an Wettfahrten ermöglichten. In Thun reichte es immerhin für fünf Läufe.
Die Onyx-Klasse segelt auf hohem Level, das zeigen nicht nur die perfekten Starts. Wenn teilweise acht der zehn Boote nach einem 45-Minuten-Lauf innerhalb von 60 bis 90 Sekunden durchs Ziel segeln, zeugt das von einer sehr hohen Leistungsdichte. Trotzdem, Sieger der letzten Regatten ist immer derselbe. Dem Team S2 Immobilien Promotion vom Segelclub Männedorf, das schon die Jahreswertung 2022 überlegen für sich entschieden hatte, gelang das Kunststück, dieses Jahr alle bisherigen sechs Acts zu gewinnen.

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