Karine Fauconnier, Ellen MacArthur und jüngst auch Justine Mettraux haben an der Bol d’Or Mirabaud alle für Sternstunden gesorgt. Dona Bertarelli gelang aber im Jahr 2010 etwas ganz Besonderes: Sie durchbrach auf ihrem D35 Ladycat mit einer mehrheitlich weiblichen Crew die männliche Phalanx. Für Skippers blickt sie auf die Rolle der Seglerinnen in den letzten zwanzig Jahren zurück.

Text: Carinne Bertola

Was waren die grössten Schwierigkeiten als Frau, den historischen Sieg an der Bol d’Or Mirabaud 2010 zu erringen?

Ich bin in einer Zeit aufgewachsen, als Frauen im Segelsport als Kuriosität wahrgenommen wurden. In den letzten zwanzig Jahren hat sich diesbezüglich zwar einiges getan, dennoch dürfen wir uns nichts vormachen: Seglerinnen sind noch immer krass in der Minderheit und auch die Vorurteile gegenüber Frauen im Segelsport halten sich hartnäckig.

Als ich das Ladycat-Projekt ins Leben gerufen habe, war ein Frauenteam an einer Regattatour mit lauter Männerteams ein Novum. Es stiess aber sowohl bei der D35-Klassenvereinigung als auch in den Medien auf sehr positive Resonanz. Sportlich mussten wir uns natürlich erst beweisen. Man traute uns nicht viel zu. Es gab sogar solche, die uns für komplette Anfängerinnen hielten. Zum Glück scheue ich mich nicht vor Herausforderungen und kann sehr stur sein, wenn mir etwas am Herzen liegt. Vielleicht waren es gerade diese Vorurteile, die mir die nötige Energie gegeben haben, unser Können unter Beweis zu stellen. Auf solche Klischees reagiert man am besten mit Taten. Im Segelsport können die Bedingungen rau und die Aufgaben schwierig sein und viele denken noch immer, dass eine Frau solchen Situationen nicht gewachsen ist. Wir haben ihnen das Gegenteil bewiesen. Für Ladycat habe ich mich mit lauter kompetenten Seglerinnen umgeben, die mit der gleichen Leidenschaft und dem gleichen Kampfgeist an die Aufgabe herangegangen sind. Unser Erfolg war kein Zufall, sondern hochverdient, denn wir hatten viel trainiert und waren bereit.

BOL D’OR 2009: DONA BERTARELLI AUF IHREM D35 LADYCAT

Wie waren die Reaktionen auf Ihren Sieg?

Dass eine überwiegend weibliche Besatzung die wohl konkurrenzstärkste Binnenseeregatta der Welt für sich entschied, war trotz allem eine Sensation. Um ehrlich zu sein, glich unser Weg dorthin keiner Fahrt in ruhigen Gewässern, sondern eher einem Hindernislauf. Umso mehr war unser Erfolg ein Sieg der Frauen im Segelsport. Sogar die Medien hielten ihn offenbar für erwähnenswert. Ich hoffe sehr, dass dieses Interesse anderen Frauen und Mädchen die Augen geöffnet und gezeigt hat, was alles möglich ist. Heute treten immer mehr Frauen an grossen Wettkämpfen an. Wenn wir auch nur einen winzigen Teil zu dieser Entwicklung beitragen konnten, erfüllt mich das mit Stolz.

ERSTER SIEG AN DER BOL D’OR MIRABAUD 2010 MIT DEM D35 LADYCAT

Haben Sie das Gefühl, dass sich seit Ihrem Sieg an der Bol d’Or viel verändert hat? Wie sehen Sie die Zukunft der jungen Seglerinnen?

Ich freue mich, dass die Seglerinnen und ihre Erfolge in den Medien zunehmend Beachtung finden. Die Medienpräsenz spielt eine Schlüsselrolle, wenn sich die Mentalitäten ändern sollen. Sie hilft, Klischees zu durchbrechen und die neue Frauengeneration positiv zu beeinflussen. Die Vorbildfunktion ist nicht zu unterschätzen. Ich erinnere mich, welche Energie Ellen MacArthur in mir geweckt hat, als sie sich in der von Männern dominierten Segelszene durchgesetzt hat. Heute gibt es viele motivierte und engagierte Seglerinnen, die ihrerseits eine neue Generation junger Frauen inspirieren. Ich denke da an Elodie und Justine Mettraux, die ich bei ihren ersten Schritten im internationalen Profi-Segelsport begleiten durfte, aber auch an Nathalie Brugger, deren Olympia-Kampagne ich unterstützt habe und die später ihre ersten Mehrrumpferfahrungen auf Ladycat gesammelt hat. Jetzt treten junge Frauen wie Laurane Mettraux oder die von mir unterstützte Olympionikin Maud Jayet in ihre Fussstapfen. Ich hoffe, dass dank ihnen immer mehr Frauen die Faszination des Segelsports für sich entdecken, und sie dazu beitragen, sowohl Hürden als auch Stereotype abzubauen.

SIEGREICHE ZIELEINFAHRT DES LADYCAT AN DER STÜRMISCHEN BOL D’OR 2014

«Man traute uns nicht viel zu, einige hielten uns für komplette Anfängerinnen»