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Viel Prestige und wenig Anklang

von Quentin Mayerat

Ihn kann nichts aus der Ruhe bringen, auch nicht das hektische Treiben im alten Hafen von Barcelona. Hoch oben auf seiner 60-Meter-Säule zeigt Christoph Kolumbus mit ausgestrecktem Finger aufs Meer hinaus, während im riesigen zweistöckigen VIP-Zelt, vor den aneinandergereihten Audi Q7 und der Riesenleinwand zu seinen Füssen Hochbetrieb herrscht.

Die Flotte der TP52 bestand aus nur acht Booten mit ähnlich hohem Niveau. Der Beweis: Jedes der fünf Events wurde von einem anderen Team gewonnen. © Nico Martinez

Der Final der TP52 am Audi MedCup war an Spannung kaum zu überbieten. Trotz des Vorsprungs von Quantum Racing waren die Würfel vor dem letzten Event noch nicht gefallen. Bei herrlichem Sonnenschein und einem Thermikwind von rund 10 Knoten zeigten die Schweden an Bord der anthrazitfarbenen Eignerjacht Rán mit drei Siegen und zwei zweiten Plätzen in neun Läufen die konstanteste Leistung.

All4One gut im Rennen

Bribon und Quantum folgten mit wenigen Punkten Abstand auf Platz 2 und 3. Das von Jochen Schümann und Sébastien Col angeführte französisch-deutsche Team der All4One bekundete da schon mehr Mühe. „Leichtwind ist wahrscheinlich nicht unsere Stärke“, bestätigte Teamchef Stéphane Kandler nach dem zweiten Regattatag und fügte hinzu: „Wir müssen an den Startphasen arbeiten, denn die haben in den letzten Tagen nicht gerade gut funktioniert.“ Im Verlauf der Woche machte das Team dann gute Fortschritte und schaffte es in den fünf letzten Läufen sogar jedes Mal aufs Podest. Auch Quantum Racing legte gegen Ende nochmals zu und holte sich die entscheidenden Punkte für den Gesamtsieg. Nach ihrem Sieg im Jahr 2008 und ihren zweiten Plätzen mit Terry Hutchinson in den darauffolgenden Jahren durfte Quantum Racing mit Ed Baird am Steuer jetzt einen weiteren Erfolg feiern.

Azzura und All4One tragen die vier Ringe des Namenssponsors in ihren Segeln. © Fransesco Ferri/Studio Borlenghi

Segeln ist und bleibt eine Randsportart

Die Organisatoren hatten sich mächtig ins Zeug gelegt und keinen Aufwand gescheut, dennoch blieben die Zuschauer an der Conde de Godo Trophy, dem fünften und letzten Event der Regattatour, weitgehend aus. Während sich das Schifffahrtsmuseum, die Hafenpromenade und die Rambla vor Menschen kaum noch retten konnten, war das Publikum auf den Bootstegen und vor der Riesenleinwand, auf der die Regatten live übertragen wurden, dünn gesät. „Das Unterhaltungsangebot in Barcelona ist riesig“, versuchte eine Pressesprecherin die Situation zu erklären. „Wir gehen da etwas unter. Unter diesem Gesichtspunkt ist Barcelona keine interessante Destination. Die kleinen Städte, in denen das Jahr hindurch nicht viel los ist, sind viel gastfreundlicher und auch das Interesse des Publikums ist viel grösser. Ich glaube nicht, dass der Audi MedCup hierher zurückkehren wird.“

 

Bei einem Abstecher ins „Race Village“, zu dem nur Akkreditierte Zugang hatten, waren diese Überlegungen dann aber schnell vergessen. Dort verbrachten die Teams in einer typischen Jachtclub-Atmosphäre ihre dritte Halbzeit bei einem grosszügigen Pastabuffet. Daneben waren mehrere Dutzend Journalisten und Pressesprecher damit beschäftigt, ihren Artikel zu schreiben, während das direkt hinter dem Pressezentrum eingerichtete provisorische Fernsehstudio wie jeden Tag ein paar Helden empfing. Aufmerksam lauschte die Nachrichtensprecherin der täglichen Audi MedCup Sendung den Skippern, wenn sie ihre Kurswahl an der einen oder anderen entscheidenden Stelle erklärten.

Eindrücklich wie immer: Regattastart beim Audi MedCup. © Ian Roman

Unverändert hohes Niveau

Trotz des geringen Besucherzustroms und des Imageverlustes der Einrümpfer in am America’s Cup interessierten Kreisen gehörte der Audi MedCup 2011 zu den wichtigsten Terminen des Profikalenders. Dementsprechend hochkarätig war die Teilnehmerliste. Keine geringeren als Ed Baird, Francesco Bruni, Vasco Vascotto, Jochen Schümann, Sébastien Col und andere grosse Namen segelten auf den Karbonriesen. Das Niveau war dabei sehr einheitlich, denn jede Etappe des Circuits wurde von einem anderen Team gewonnen. Paradoxerweise sah die Situation gerade bei den One-Design-Booten vollkommen anders aus. Dort beherrschte die Soto 40 des Iberidrola Teams das Geschehen nach Belieben und entschied gleich vier der fünf Treffen der Saison 2011 für sich.

 

Und die Zukunft?

Audi hat sich bis ins Jahr 2013 verpflichtet. Damit wäre die nächstjährige Austragung trotz des Rückzuges von Bribon garantiert. Die in den Farben der deutschen Automarke segelnden Azzura und All4One gehören mit zum Paket und werden natürlich im nächsten Jahr wieder mit dabei sein. Auch die restliche Flotte wird der Regattatour wohl treu bleiben, obwohl einige Teams zunächst bestimmt Bilanz ziehen müssen. Wie Stéphane Kandler mitteilte, führt er derzeit Gespräche über eine punktuelle Teilnahme von Jachten der alten Generation (IRC 52). Damit will er weitere Eigner motivieren, sich dem Circuit anzuschliessen. Sein Argument : „ Rán hat gezeigt, dass ein privates Team konkurrenzfähig sein kann. “ Nacho Postigo, der technische Leiter des Audi MedCup, hält die Anzahl Teams für kein Problem, solange das Niveau einheitlich bleibt. Er verspricht zudem, bis Ende Jahr ein detailliertes Programm mitsamt Gaststädten vorzulegen. „ Es wird mindestens einen Event in Nordeuropa, eventuell an der Ostsee geben “, verspricht er. Damit dürfte die Teilnahme der Deutschen und der Schweden im nächsten Jahr feststehen. Gerüchten zufolge soll auch La Rochelle zu den Gaststädten gehören.

Bei den Soto 40 liess Iberdrola der Konkurrenz nicht den Hauch einer Chance. Das spanische Boot dominierte die Saison nach Belieben. © Nico Martinez

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