Fotos: ©Bertrand Duquenne
Die umwerfende Schönheit der thailändischen Inseln hat ihren Preis: Man hat die Tropenparadiese nicht für sich allein. Um den Touristenmassen zu entfliehen, gibt es nur eins: Schleichwege benutzen und gegen den Strom schwimmen.

Als mir Familie Duquenne vorschlägt, mich auf ihrer Weltreise zu ihnen zu gesellen und mit ihr gemeinsam die Andamanensee zu entdecken, hält sich meine Begeisterung in Grenzen. Schliesslich deutet vieles darauf hin, dass der Januar in Thailand sämtliche Besucherrekorde brechen wird. Unmöglich, die Auswüchse des überbordenden Tourismus zu ignorieren, für den Phuket, Patong, Kho Phi Phi oder Koh Lanta zu Symbolen geworden sind. Die fünfköpfige Truppe lässt nicht locker. Sie leistet so viel Überzeugungsarbeit, dass ich alle meine Vorbehalte über Bord werfe und gegen Verstand und Bauchgefühl zusage. Sie versprechen mir einen Törn fernab von Trubel und Touristenströmen.
James Bond wird überbewertet, das Abenteuer ist anderswo

Entschlossen, unseren guten Vorsatz umzusetzen, treffen wir kurz nach dem Start unsere erste unkonventionelle Entscheidung: Wir kehren der weltberühmten Insel Khao Phing Kan alias James-Bond-Insel den Rücken. Warum sollen wir uns einen 15 Seemeilen langen Umweg antun, nur um einen Felsen zu betrachten, auf dem der Bösewicht in Der Mann mit dem goldenen Colt seine Räuberhöhle eingerichtet hatte, wenn der nördliche Teil unseres Törnreviers voll solcher Kulissen ist? Die bis 400 Meter hohen Karstinseln mit ihren zerklüfteten, in sich verdrehten und bizarr geformten Felsen, den undurchdringlichen Mangrovenwäldern voller Leben und dem grünen Wasser, das Schlamm des Irrawaddy aus dem Schoss des Himalaja führt, sind überwältigende Naturwunder.
Eine Odyssee voller Um- und Irrwege

Im schwindenden Tageslicht fegen heftige Böen durch die kleine Bucht. Sie bringen die angestaute Hitze regelrecht zum Platzen. Heftiger Regeln prasselt auf den Wald nieder, der intensive Geruch feuchter Erde erfüllt die Luft. Wir an Bord haben unseren Frieden gefunden. Die Entdeckung der Karstinseln ist eine Odyssee voller Irr- und Umwege, die lauter Schönheiten bereithält: hier ein steiler Felsen, dort eine verborgene Felsbucht. Auch Koh Hong Krabi gehört dazu. Am Rand der Insel entfaltet sich überall dort, wo sie nicht von Felsen und Steinen gestoppt wird, ein Mangrovendickicht. Nur eine wenige Meter schmale Schlucht konnte sich den Eroberungsgelüsten der Felsen erwehren. Sie scheint sich den Gesetzen der Schwerkraft zu entziehen und ermöglicht die Zufahrt bei Ebbe.
Da wir unserem Entdeckerdrang freien Lauf lassen, kommen wir nur langsam voran. Auf der Karte erscheint die Distanz zwischen unserem ersten und zweiten Stopp in Koh Pak Bia wie ein Katzensprung. Ganze acht Seemeilen haben wir seit letzter Nacht gewonnen. Sei’s drum. Unser neuer Liegeplatz verlangt Geduld. Auf einem hübschen, äusserst verlockenden weissen Sandstreifen kommen und gehen die Besucher in Scharen. Sie alle möchten ein paar Stunden an diesem paradiesischen Flecken verbringen. Die Zeit ist eindeutig auf unserer Seite. Mit unverhohlener Freude beobachten wir, wie die Touristen abziehen. Plötzlich sind wir allein. Wie kleine Robinsons können die Kinder den ganzen Abend herumstreifen und planschen.
Der Trubel von Kho Phi Phi

Der Inselkern wurde nach dem verhängnisvollen Tsunami vollkommen saniert. Er besteht aus einem Labyrinth aus schmalen, lärmigen Gassen, in denen sich die Betreiber von Marktständen, Restaurants und Kneipen auf Touristenfang machen. Es geht zu wie auf einem Rummelplatz. Amerikaner, Russen, Chinesen, Europäer und Inder quetschen sich aneinander vorbei. Jeder versucht den andern zu übertönen. Die Gassen platzen aus allen Nähten, es wird gedrängelt und gestossen. Der kurze Aufenthalt entpuppt sich als Bewährungsprobe, unsere Abreise ist eine Erlösung.
Und jeden Abend kehrt wunderbare Ruhe ein

Auf unserer Weiterreise entdecken wir nichts mehr, das nur annährend so idyllisch ist wie dieser Archipel. Die Zwischenstopps sind meist stark besucht, Schleichweg gibt es auf unserer Rückfahrt zur Marina keinen mehr. Die Schönheit der Ankerplätze tröstet uns aber etwas über das verlorene Paradies hinweg. Im Nordosten von Kho Phi Phi zum Beispiel spuckt eine kuriose Klippe den Rückfluss der Wellen über einen kräftigen Geysir aus. Und in einem unauffälligen muslimischen Stranddorf im Osten der Insel Ko Yao Yai ruft der Muezzin in der Abenddämmerung zum Gebet, während aus den Karaokebars die neusten, von den Einheimischen inbrünstig mitgesungenen Hits dringen.
Unsere einsame Auszeit voller exotischer Düfte und unvergesslicher Eindrücke ist zu Ende. Bald schon werden wir unsere Seesäcke an Land hieven und das andere Thailand über uns ergehen lassen. Wir werden uns ins pulsierende Bangkok und ins lebendige Chiang Mai stürzen und das Verkehrschaos, Streetfood, die chinesischen Viertel, Tempel, Massagen und Thai-Boxkämpfe erleben. Eine ganz andere Reise, die durchaus auch ihren Reiz hat.
Reise-Infos
Anreise
Viele Fluggesellschaften bieten Langstreckenflüge nach Thailand sowie Inlandflüge an. Für Inlandflüge preislich besonders interessant sind Air Asia und Thai Airways. Es geht zwar noch günstiger, aber die lokalen Gesellschaften sind weniger sicher.
Für massgeschneiderte Reisen und/oder Törns mycharter, info@mycharter.ch, mycharter.ch
Charter
Mehrere grosse Unternehmen und eine Vielzahl selbstständiger Skipper verchartern Boote. Dream Yacht Charter zum Beispiel ist in der modernen und komfortablen Yacht Haven Marina nördlich von Phuket stationiert. dreamyachtcharter.de
Beste Reisezeit
Im Süden Thailands kann ganzjährig gesegelt werden. Die Lufttemperatur beträgt zwischen 25 und 35 Grad, die Wassertemperatur liegt bei 28 Grad. Am günstigen sind die Monate Dezember bis März, wenn es nur wenig regnet und ein moderater Nordwestwind weht. Einziger Nachteil: Dann ist auch Hochsaison. Reise-Infos
Navigation
Die Navigation ist zwar gezeitenabhängig, aber unkompliziert und erfordert lediglich eine aufmerksame Wache (Einhalten der Vorfahrtsregeln, Schleppnetze, Netz- und Reusenbojen). Die Vercharterer verbieten Nachtsegeln.
Nationalparks
Die Andamanensee wird von mehreren Nationalparks, in denen die meisten von uns besuchten Inseln liegen, geschützt. Grundsätzlich wird eine Tagesgebühr fällig, allerdings muss das Rangerboot dazu vor Ort sein. Bewahren Sie immer genügend thailändische Baths an Bord auf.
Gefahren
Von Haien geht keine Gefahr aus. Sie werden aufgrund der Überfischung immer seltener. Zeitweise wird das Meer von Würfelquallen bevölkert. Ihre Stiche sind extrem schmerzhaft und zuweilen sogar tödlich. Die einzige wirkliche Gefahr beim Baden geht aber von Schiffen aus. Um Kollisionen zu verhindern, werden vor den meisten Stränden mithilfe von schwimmenden Seilen Schutzzonen gebildet.
Wissenswertes
Nehmen Sie genügend Bargeld mit. In den Supermärkten vor Ort kann man sich günstig und unkompliziert verproviantieren. Wir haben für eine ganze Woche 40 Euro pro Person ausgegeben, plus drei Euro für das Taxi. Kreditkarten werden aber keine akzeptiert! Sorgen Sie vor, der nächstgelegene Geldautomat befindet sich nämlich am Flughafen von Phuket!