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Justine Mettraux über die 50. Solitaire du Figaro

von Quentin Mayerat

Neues Boot, hochkarätiges Feld, kompliziertes Wetter, spannender Kurs, viele Führungswechsel und nervenaufreibende Duelle: Die diesjährige Solitaire Urgo Le Figaro bot eine krimireife Show, aus der Yoann Richomme als Sieger hervorging. Justine Mettraux, die einzige Vertreterin der Schweiz, zieht Bilanz.

Die 50. Solitaire Urgo Le Figaro versprach bereits auf dem Papier grosses Spektakel und übertraf dann sogar sämtliche Erwartungen. Zum 47-köpfigen Teilnehmerfeld der Jubiläumsausgabe gehörten fünf Frauen, darunter die Schweizerin Justine Mettraux. «Dieses Jahr verlief die Regatta komplett anders als in den drei Jahren zuvor», meinte die vierfache Teilnehmerin im Ziel. Und das lag nicht nur an den neuen Booten, den Figaro Beneteau 3.

«Einschüchternde Namen, aber kein Grund, Komplexe zu haben»
Das hochklassige Teilnehmerfeld beeindruckte nicht nur Aussenstehende. «Mit Loïck Peyron, Michel Desjoyeaux und Alain Gautier waren ein paar ganz grosse Namen dabei, Armel Le Cléac’h, Jérémie Beyou, Yann Eliès und weitere Spitzensegler nicht eingerechnet», zählt Justine auf. «Mich mit solchen Cracks zu messen, vor denen ich grossen Respekt habe, ist toll. Anfangs war ich schon etwas eingeschüchtert und hatte Minderwertigkeitskomplexe. Aber eigentlich gibt es keinen Grund, mich vor ihnen zu verstecken, denn wir treten alle unter den gleichen Voraussetzungen an.» Justine lag mit ihrer Einschätzung richtig . Nach den vier Etappen belegte sie den 18. Schlussrang, noch vor Jérémie Beyou (20.), Loïck Peyron (24.) und Alain Gautier (30.). Ein gutes Resultat, mit dem sie dennoch nicht ganz zufrieden war: «Mein Abschneiden ist ok, nach den beiden ersten Etappen wäre jedoch mehr dringelegen. Die dritte und die vierte Etappe verliefen enttäuschend, mir fehlte der Durchblick und ich entschied mich manchmal aus lauter Müdigkeit für die falsche Seite. Ich war nicht die einzige in dieser Situation, nur konnten andere damit besser umgehen als ich.» Dass Justine Mettraux körperlich am Limit war, führt sie auf den schwierigen Kurs und das komplizierte Wetter zurück, vor allem aber auf den intensiven Saisonstart, der ihr aufgrund des neuen Bootes viel Einsatz abverlangte.

«Lange Etappen mit speziellem Wetter»
Neben dem Boot wurde auch das Regattaformat etwas geändert: «Bei meinen drei letzten Teilnahmen gab es stets eine kurze Etappe, die meist nicht länger als 24 Stunden dauerte. Dieses Jahr umfasste die Figaro vier lange Etappen.» Ein Formatwechsel, dem Justine nicht nur Positives abgewinnen kann: «Zwischen den Etappen haben wir manchmal kaum Zeit gehabt, uns zu erholen.»

Das schwierige, unsichere Wetter erschwerte den Seglern die Aufgabe zusätzlich. Justine hätte sich mehr Wind gewünscht: «Wir hatten bei allen Etappen Flautephasen, in denen wir uns nicht erholen konnten. Die Bedingungen waren wirklich speziell. Insgesamt war es trotz einiger schnellerer Abschnitte ein Schwachwindrennen, zu schwach für meine Bedürfnisse. Schade eigentlich, denn die Figaro 3 ist auf schnellen Kursen echt cool zu segeln. Wir hinkten dem Routing oft hinterher. Der Zeitplan geriet durcheinander und wir konnten uns nicht mehr auf die im Vorfeld vorbereiteten Daten verlassen.»

Eine Situation veranschaulicht eindrücklich das Unvorhersehbare und Schwierige dieser Jubiläumsausgabe: Als Yoann Richomme in der dritten Etappe unter Spi auf Höhe der Kanalinsel Alderney segelte, wurde er von einer gewaltigen Uferströmung abrupt ausgebremst, obwohl er sich nur ein paar hundert Meter vorher zusammen mit weiteren Ausreissern von der Flotte abgesetzt hatte. Er sass fest und verlor neun Stunden auf die Führenden, was ihn beinahe den Gesamtsieg gekostet hätte.

 Justine Mettraux bekam die Launen der berüchtigten Strasse von Alderney ebenfalls zu spüren. «Die Durchquerung dieser Strasse war eines der prägenden Ereignisse dieser Figaro. Fast die ganze Flotte steckte stundenlang fest. Ich musste kämpfen, um die Etappe rechtzeitig zu beenden, das ist mir vorher noch nie passiert!»

«Die Abstände sind riesig»
Durch die Umstellung auf ein neues Boot ist das Rennen offener geworden. Das liegt unter anderem an dem zusätzlichen Segel, einem Gennaker, der auf der Figaro 3 mitgeführt werden kann. «Mit diesem Segel überlegst du dir viel mehr», sagt Justine Mettraux. «Es gibt Situationen, da hätten wir auf der Figaro 2 die Genua oben gelassen, können jetzt aber unter Gennaker segeln. Sobald der Wind zulegt, ab 90° zum Wind bei 20 Knoten zum Beispiel, setzen wir den Gennaker. Auf Amwindkursen lässt er sich sogar bei wenig Wind verwenden. Man hat gut gemerkt, dass das Handling der Figaro 3 im Lauf der Regatta bei allen besser geworden ist, trotzdem haben wir alle noch Luft nach oben.»

Ein weiterer Vorteil der Figaro 3 ist ihre Schnelligkeit. Man nimmt den Konkurrenten schnell ein paar Seemeilen ab, ebenso schnell reduzieren sich die Abstände wieder. «Mit der Figaro 2 konnten Rückstände von zwei bis drei Seemeilen nur sehr schwer aufgeholt werden. Mit der Figaro 3 ist das kein Problem mehr», bestätigt Justine. Bei den drei ersten Etappen seien die Abstände enorm gewesen, das habe sie noch nie gesehen. «Im Schlussklassement trennt die einzelnen Segler normalerweise nie mehr als eine Viertelstunde. Dieses Jahr waren es Stunden!» Ein Blick auf die letztjährige Rangliste bestätigt ihre Feststellung. 2018 kamen die fünf Erstplatzierten nach den vier Etappen innerhalb einer knappen Stunde ins Ziel und der Zehntplatzierte wies einen Abstand von 1 Stunde und 39 Minuten auf den Sieger auf. Ganz anders dieses Jahr: Yoann Richomme gewann mit einem komfortablen Vorsprung (1h30) auf Gildas Mahé. Armel Le Cléac’h auf dem 10. Platz hatte bereits über vier Stunden Rückstand.

«Schade, dass nur ich die Schweiz vertrete»
An der Solitaire du Figaro 2019 waren nur sieben ausländische Skipper gemeldet, das sind weniger als 15 Prozent «Das ist wirklich sehr wenig», bedauert Justine Mettraux, «zeigt aber, dass die Solitaire in erster Linie eine französische Regatta ist. Ich war bei allen vier Teilnahmen stets die einzige Schweizerin, das ist schade. Warum das so ist, weiss ich nicht. Vielleicht macht die Figaro-Regattatour vielen etwas Angst, weil sie sehr anspruchsvoll ist. Am Anfang bezahlst du zwar Lehrgeld und fährst dir ein paar blaue Flecken ein, aber das gehört dazu. Trotz der Strapazen lohnt es sich! Und um sich auf die verschiedenen Einhand-Hochseeregatten vorzubereiten, gibt es nichts Besseres. Jede Stunde auf dem Wasser bringt dich weiter – auf einer Figaro noch mehr als auf anderen Booten.»

Die Top 10 der Solitaire Urgo Le Figaro 2019
1. Yoann Richomme
2. Gildas Mahé
3. Anthony Marchand
4. Corentin Douguet
5. Alexis Loison
6. Benjamin Schwartz (1. «Bizuth»)
7. Adrien Hardy
8. Eric Péron
9. Pierre Leboucher
10. Armel Le Cléac’h

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