In den letzten 40 Jahren hat Beneteau seine First-Modellreihe mehrfach neu definiert. Die Serie spielt im Segment der Fahrtenjachten eine tragende Rolle. Durch sie hat der französische Bootsbauer den Sprung von Fischerbooten zu echten Segelbooten geschafft.
Angefangen hat die Geschichte von Beneteau mit dem Bau sportlicher Fischerboote. Mit der Übernahme von Seascape im vergangenen Jahr knüpft die französische Werft an ihre Ursprünge an und legt den Grundstein für ihre neue Sportbootserie. Im Klartext: Sie will die legendäre First-Reihe neu aufbauen und die eher unkonventionellen Performance-Cruiser von Seascape dazu als Basis nehmen. Mit dieser Strategie hat Beneteau für viel Aufregung gesorgt, aber auch viele Fragen aufgeworfen. Worin genau besteht die First-Philosophie? Haben die 14- bis 53-Füsser, deren Technologie von damals nicht mehr viel mit dem heutigen Stand gemein haben, überhaupt eine Richtlinie. Wenn ja, welche?
Blick zurück
Ende der 1970er-Jahre überredete der Werftmitarbeiter und erfahrene Segler François Chalain die Familie Beneteau, die Formen des L’Impensable zu kaufen. Die Mauric-Jacht hatte gerade eben den Half Ton Cup gewonnen. Sie wurde von der Werft in die Mangel genommen, etwas braver gemacht und aufs Fahrtensegeln ausgerichtet. 1977 war die erste First 30 fertig. Sie wurde Michel Malinovsky anvertraut, der damit zwei Etappen der „Course de l’Aurore“, der Vorgängerin der Solitaire du Figaro, ge-wann. Damit hatte sich die First 30 einen Ruf geschaffen. Sie läutete eine lange Saga ein, die mehrere Kultmodelle hervorbrachte und ganze Generationen von Seglern prägte.
„Die First, das ist Leidenschaft pur!“, schwärmt Eric Ingouf, der von 1980 bis 2019 für die Modellreihe verantwortlich war. „Die First brachte alle zum Träumen. Manchmal siegte aber dann doch die Vernunft und der Familienvater entschied sich für eine Oceanis-Cruiserjacht.“ Die First waren zwar nie die absatzstärksten Boote der Werft, heizten aber die Fantasien an und erfüllten die Rolle als Botschafter, sodass sich Beneteau im Performance-Cruiser-Markt langsam etablieren konnte. Die Figaro 1 ist nichts anderes als eine First! Ihre etwas abgeänderte Version, die First 31.7, wurde in zehn Jahren mehr als 1400-mal verkauft. Auch die First Class fanden reissenden Absatz und setzten sich bei den One-Design-Booten sogar als Vorzeigemodell durch.
Als Kompromiss zwischen Racer und Cruiser wurden die First auch in kleineren, nicht ganz so leistungsstarken Varianten gebaut. Auf unseren Seen waren die bescheideneren Modelle sogar sehr beliebt. Mehrere Jahre verkaufte kein anderer Händler auf der Welt so viele First 20 wie Jack Beck, der offizielle Schweizer Vertragspartner von Beneteau mit Sitz in Faoug am Murtensee. „Wir haben in wenigen Jahren über 50 dieser Boote verkauft“, bestätigt die Geschäftsführerin und Mitinhaberin Patricia Kefaya. Sie bedauert das Aus der First 20. Sie werde in ihrem Segment fehlen, denn keines der neuen, stärker auf Performance ausgerichteten Modelle entspreche ihm.
Was macht eine First aus?
Aber was sind die First von gestern und von heute eigentlich: schnelle, regattataugliche Cruiser oder Sportboote, die sich auch fürs Cruisen eignen? „Vor allem sind sie Boote, die Spass machen“, antwortet Eric Ingouf. „Sie sind ein Kompromiss: schnell bei wenig Wind, familientauglich und im Konkurrenzvergleich günstig.“ Natürlich sind die heutigen First nicht mehr mit den früheren vergleichbar. „Die Heckpartie ist breiter geworden, das Rigg verfügt mittlerweile über 90°-Salinge, die Rumpfanhänge wurden weiterentwickelt und die Backstagen sind verschwunden.“
Zwischen der legendären First Class 8 (einstige Konkurrentin der Surprise) und den neuen First 24 und 27 liegen Welten. Ihre Verwandtschaft ist dennoch offensichtlich. Wie ihre Vorgängerinnen haben die neuen Modelle mit ihrem kursstabilen Rumpf und dem einfachen Handling für unkompliziertes Cruisen das Zeug für eine erfolgreiche Karriere als Einheitsboot. Denis Perregaux-Dielf, Mitinhaber von Jack Beck, bezeugt ihr viel Potenzial: „Die First 24 ist gut betucht, auf der Strasse transportierbar, mit einem Hubkiel ausgestattet und sie lässt sich einfach aufriggen. Sie könnte die würdige Nachfolgerin der Surprise werden. Seascape hatte bereits eine grosse Gemeinschaft, die dürfte auch mit Beneteau weiterbestehen“, ist er überzeugt.
Integrierte Strategie
Die First 14, 18, 24 und 27 bilden die Basis der neuen Sport-Cruiser-Linie von Beneteau. Sie sind aber erst der Anfang der Erneuerungsstrategie, denn mittelfristig soll die gesamte Modellserie erneuert werden. Eine gut durchdachte Segmentierung soll dafür sorgen, dass alle Fahrtensegler, die gern schnell unterwegs sind, den passenden Untersatz finden. Als nächstes bringt die Werft die First Performance Cruiser zwischen 30 und 50 Fuss und die First Luxury Performance mit einer Länge von mehr als 50 Fuss auf den Markt. Beneteau hat aber nicht nur mit den Kleinen Grosses vor. Im obersten Segment lanciert sie die First Yacht 53 mit extrabreitem Cockpit, Karbonmast, günstigem Grössen-Gewichtsverhältnis und hochwertiger Verarbeitung, das Ganze zu einem konkurrenzlosen Preis. Sie soll 30 Prozent weniger kosten als das günstigste Vergleichsmodell! Die Boote haben sich im Lauf der Jahre verändert, Beneteaus Fähigkeit aber, mit ihren Modellen Geschichten zu erzählen, ist geblieben. „Das Leben fängt immer wieder von neuem an“, sagt Eric Ingouf. Man kann die Dinge nie zweimal gleich machen, also nutzen wir moderne Technologien, um uns weiterzuentwickeln.“