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ANJA VON ALLMEN, Weltmeisterin im Laser 4,7

by Quentin

Die Berner Oberländerin Anja von Allmen holte im Sommer überraschend den WM-Titel in der 4.7-Laser-Klasse der Girls. Damit gibt sie sich aber keineswegs zufrieden. 2024 möchte sie mit dem Laser Radial um eine olympische Medaille kämpfen.

Text: Walter Rudin

Eigentlich sieht man es der sympathischen, zurückhaltenden Seglerin nicht an, dass sie auf dem Wasser förmlich explodieren kann. Wer aber Weltmeisterin in einem Feld von 63 Booten werden will, muss sich durchsetzen und die Ellbogen ausfahren. «An Land können wir die besten Kolleginnen sein, auf dem Wasser fährt mir aber keiner vorne durch», sagt sie. «Am Ufer halte ich nichts von grossen Auftritten, da bin ich lieber das unscheinbare, nette Mädchen, das niemand kennt. Auf dem Wasser gebe ich aber voll Power. Dort zählen Taten und nicht Worte.»

Die Segelkarriere der jungen Spiezerin begann so, wie es in der Schweiz üblich ist. Die Eltern segelten auf der Familienjacht und schickten Anja gemeinsam mit ihrer Schwester an einen Opti-Schnupperkurs. In der Opti-Gruppe des heimischen Yacht-Clubs Spiez lernte sie segeln. Weil ihr Trainer merkte, dass sie mehr wollte, schickte er sie in die Hochburg der Optimisten, zu Hene Keller nach Oberhofen. Mit der von Hene Keller und Alberto Casco gegründeten Deutschschweizer Trainingsgruppe DIRT ging es an nationale und internationale Regatten. Anja lernte schnell und schaffte es bald in den Talentpool von Swiss Sailing. Die ersten guten Resultate liessen nicht lange auf sich warten. Sie qualifizierte sich für Europa- und Weltmeisterschaften und als Krönung ihrer Opti-Karriere holte sie letztes Jahr an der WM in Zypern die Bronzemedaille bei den Mädchen.

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Vom Opti zum Laser

Mit 15 Jahren war Schluss mit dem Opti, der Wechsel in eine andere Bootsklasse stand an «Nein, Laser will ich nie segeln», hatte sie früher immer betont und mit einem Zweimannboot geliebäugelt, musste dann aber einsehen, dass das nicht funktioniert: «Auf dem Laser kann ich meinen Kopf durchsetzen. Ich bin schuld, wenn etwas schiefgeht und kein anderer ist involviert.» Zudem müsste man auch jemanden finden, der die gleichen Ziele und Erfahrungen hat, abgesehen von den Problemen mit der Terminabsprache und der Organisation.

Die 16-Jährige fand sich in der Laser-Klasse schnell zurecht. Nach knapp einem Jahr holte sie auf dem kleinen 4.7-Rigg nicht nur den Schweizermeistertitel und einen 4. Platz an der Europameisterschaft in Hyères, sondern wurde im Sommer in Kingston, Kanada, sogar überlegene Weltmeisterin.

Der Aufwand lohnt sich

Dass diese Erfolge das Ergebnis harter Arbeit sind, versteht sich von selbst. Segeln ist ja nicht nur ein Sommersport. Von November bis März finden während rund sieben Wochen Trainingslager und Regatten am Mittelmeer statt und dort herrschen oft garstige Bedingungen. Dazu kommt die Doppelbelastung mit der Schule. Anja besucht ein Regelgymnasium. Ohne Selbstdisziplin und selbstständiges Lernen in Trainingslagern und auf Reisen wären acht Fehlwochen pro Jahr kaum zu verkraften. Für Anja hat die Schule Priorität. Nebst Gymnasium und Segeln bleibt meist nicht viel Zeit für anderes: «Ich habe mich daran gewöhnt, dass der Kontakt mit Freunden vor allem über Social Media stattfindet und muss da einen Kompromiss eingehen. Zwar vermisse ich Freundschaften, aber meine Wahl bereue ich definitiv nicht.»

«Auf dem Wasser fährt mir keiner vorne durch»

Ohne professionelle Coaches wären Anjas Erfolge nicht möglich. Mit Damir Nakrst hat sie schon auf dem Opti trainiert und mit ihm verbindet sie eine ganz besonders enge Beziehung: «Er kennt mich besser als ich mich selbst. Er liest schon an meinem Gesichtsausdruck, was ich sagen will, wenn ich zu ihm ins Motorboot steige.» Auf dem Laser kann nur erfolgreich segeln, wer über die nötige physische Kraft und Ausdauer verfügt. Dafür sorgt der Fitnesstrainer. Dreibis fünfmal wöchentlich geht Anja zum Krafttraining. Hinzu kommt ein Mentaltraining, das jungen Seglerinnen und Seglern der Region Thunersee angeboten wird und von dem Anja grosse Stücke hält: «Damit habe ich gelernt, das Positive hervorzuheben und Erfolge zu dokumentieren. In Drucksituationen kann ich auf die Notizen zurückgreifen und die vergangenen Erfolge durchlesen, das ist motivierend und gibt mir Selbstbewusstsein.»

Warum tut sie sich das an? «Auf dem Wasser zu sein und den Wind zu spüren fühlt sich gut an», erklärt Anja. Es gibt auch besondere Momente, die den riesigen Aufwand und die Plackerei aufwiegen. Ein prägendes Erlebnis sei der Empfang beim Heimclub Oberhofen nach der WM gewesen. Über 100 Freunde, Junioren und Clubmitglieder feierten ihre todmüde Weltmeisterin auf dem Clubgelände beim Schloss. «Ich war sprachlos, es war so schön. Das bringt viel positive Energie und in solchen Momenten spüre ich, dass sich der enorme Aufwand lohnt.»

Klare Ziele

Nächste Saison steht der Wechsel in die Radial- Klasse an. Die körperliche Konstitution für das grössere Segel will sie sich noch erarbeiten. Dazu muss die 167 cm grosse Athletin einige Kilo Muskeln zulegen. 2020 will Anja die 4.7-WM bestreiten, dann aber direkt auf den Radial umsteigen und zum Auftakt gleich an die Radial-Youth-WM fahren. Der Laser Radial bleibt mit Sicherheit bis 2024 olympisch. Anjas ganz grosser Traum ist eine Olympiateilnahme.

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