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SP80 : Warum 65 Knoten, wenn 80 möglich sind?

by Quentin

Drei junge Ingenieure mit einem Altersdurchschnitt von 25 Jahren wollen den Rekord von Vestas Sailrocket mit über 80 Knoten pulverisieren. Spinner? Keineswegs! Obwohl ihr Vorhaben ziemlich verrückt klingt, wissen die ehemaligen Studenten der ETH Lausanne, was sie tun.

Text: Quentin Mayerat

Xavier Lepercq, Mayeul van den Broek und Benoît Gaudiot sind überzeugt: Der Geschwindigkeitsrekord der Segelfahrzeuge lässt sich deutlich verbessern. Zwar ist die von Vesta Sailrocket aufgestellte Bestmarke von 65,45 Knoten über 500 Meter seit 2002 unge- brochen, das soll sich aber bald ändern. Wenn es nach den Machern des SP80-Projekts geht, soll sie auf über 80 Knoten hochgeschraubt werden. Andere erfahrene Sportler wie der 25-fache Windsurf-Weltmeister Antoine Al- beau oder Alex Caizergues, Inhaber des Kite- Geschwindigkeitsrekords, machen Jagd auf den Rekord von Vestas, aber keiner peilt eine so hohe Geschwindigkeit an. Wie genau wollen es die drei Ingenieure bewerkstelligen, die acht Jahre alten Bestzeit, der die Latte schon sehr hoch gelegt hat, zu überbieten?

Auf der gleichen Welle

Mit einer schon fast unverschämten Dreistig- keit und wissenschaftlicher Präzision! Das Trio hat sich während des Studiums kennengelernt und schnell gemerkt, dass sie alle gern Speed- segeln und auch alle etwas bewegen möchten.

«Ich habe mit Xavier bereits für den Hydrocontest in Vidy zusammenge- arbeitet. Bei dem Wettbewerb ging es darum, das schnellste und effizienteste Drei-Meter-Boot zu bauen», erzählt Mayeul van den Broek. «Als wir dann Benoît begegnet sind, der im Übrigen den Kite-Speedrekord bei den U18 hält (Anm. d. Red.: 51 Knoten), haben wir realisiert, dass wir viel gemeinsam haben.» Die Tüftler machten die ersten Tests, indem sie die Finnen eines Kiteboards veränderten und ein VPP entwi- ckelten, um möglichen Partnern glaubwürdige Daten liefern zu können. 2019 sicherten ihnen die ETH Lausanne (EPFL) und ein Hauptsponsor ihre Unterstützung zu. Das Abenteuer konnte beginnen. Zur Verstärkung des Teams versam- melte das Trio zwanzig ehrenamtliche Helfer um sich. Unter den dreizehn Studenten und sieben Ingenieuren befinden sich auch einige bekannte Schweizer Regattasegler.

Kavitation vermeiden

Um den Rekord zu brechen, bringt es nicht viel, bei null anzufangen. Die SP80 baut deshalb teilweise auf dem Konzept der Vestas auf, die superventilierende Finnen verwendete, um die Kavitation zu überwinden. Dazu eine kurze Erklärung: Jeder Ausleger, egal, ob Foil, Schwert oder Finne, erreicht in einem flüssigen Element ab einer bestimmten Geschwindigkeit (rund 50 Knoten) einen Sättigungsbereich. Mit zunehmendem Tempo verursacht der Strömungsunter- schied zwischen der Ober- und Unterseite des Auslegers auf der Oberseite einen Unterdruck. Dieser generiert kleine Luftblasen, die dazu führen können, dass sich der Ausleger ablöst. Um die Kavitation zu vermeiden, haben die Ingenieure ihre eigenen Finnen mit Superventilation entworfen. Sie sind dreieckig und ihre Vorderkante ist feiner als die Hinterkante, wodurch bei hohem Tempo eine stabile Luftblase entsteht. Zwar bremst die superventilierende Finne das schwimmende Gerät bei tiefer Geschwindigkeit, ermöglicht aber dort, wo klassische Ausleger be- grenzt wären, mehr Beschleunigung. «Wir haben das Konzept überprüft, indem wir unsere eigenen Finnen gebaut und sie am Speedkite von Benoît getestet haben. Bei unseren ersten Versuchen in Südfrankreich erreichte er damit 42 Knoten», ver- rät Mayeul van den Broek.

Aufrichtmoment = 0

Die Finnen allein werden aber nicht für die nöti- ge Geschwindigkeit sorgen. Vestas war mit einem Flügelsegel ausgestattet, die SP80 hingegen erhält ein Kitewing, das je nach Wind- und Wetterverhält- nissen 20 bis 40 Quadratmeter gross ist. Durch den Verzicht auf ein starres Segel kann Gewicht eingespart werden. Ein weiteres Kernelement der SP80 wird ein Drehmodul sein, mit dem der Anstellwinkel des Drachens mechanisch auf das Hauptschwert ausgerichtet werden kann, um den Aufrichtmoment des Gefährts zu neutralisieren.

Natürlich wird auf jedes überflüssige Gramm verzichtet, jede Verbindung, jedes Detail der SP80 muss aerodynamisch sein, um die angestrebten 80 Knoten zu erreichen. Vor der ersten Testserie auf dem Genfersee baut das Team ein erstes Mo- dell im Massstab 1:2. Sofern es das nötige Geld zusammenbringt, um das Abenteuer zu Ende zu führen, soll mit dem Bootsbau Anfang 2021 begonnen werden. Schritt für Schritt nähern sich die jungen Ingenieure ihrem Traum: ein Weltrekord und Spitzen von über 80 Knoten. «Benoît, unser Pilot, hatte wegen unserer Pläne noch keine Alpträume», grinst Mayeul van den Broek. Wir wünschen ihm, dass er den Rekordversuch mit der nö- tigen Gelassenheit angehen kann.
Könnte dies der Beginn einer neuen Erfolgsge- schichte «made in Switzerland» sein? Eines ist si- cher: Das Power-Trio – aus Frankreich – nutzt die EPFL nicht von ungefähr als Stützpunkt. Die drei sind mit Alinghi und dem Hydroptère gross geworden. Das Ansehen der Décision-Werft und die un- glaublich aktive und erfolgreiche Segelgemeinde am Genfersee hat sie dazu bewogen, ihr Studium in der Schweiz zu absolvieren. Eine Art für die Schweiz typische seglerische Softpower, die noch für viel Schlagzeilen sorgen könnte!

VIELLE INGENIEURE DER ETH LAUSANNE HELFEN EHRENAMTLICH AN DEM EHRGEIZIGEN REKORDPROJEKT MIT.

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