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Interclub: vom Glück, lokal zu segeln

by Vincent Gillioz

Die Regattawochen und die wöchentlichen Regatten sind in vielen Clubs der Kitt, der die Gemeinschaft zusammenhält. Einige werden im kleinen Kreis ausgetragen, andere locken Teilnehmer aus der ganzen Region an. Ein paar dieser Veranstaltungen haben sich in den letzten 20 Jahren als feste Grössen im Regattakalender etabliert.

Text: VINCENT GILLIOZ

Es gibt die grossen Prestigeanlässe wie die Bols d’Or auf dem Genfersee, dem Neuenburgersee und dem Lac de Joux, deren Organisation die Veranstalter mit Stolz erfüllt und das Ansehen der Clubs weit über die Regionsgrenzen hinausträgt. Und es gibt die wöchentlichen Regatten oder Segelwochen, die im Leben vieler Vereine eine wesentliche Rolle spielen.

Die Beteiligung an diesen Anlässen hat im Lauf der Jahre grosse Schwankungen erlebt. Früher waren vor allem die «Semaines du soir» in Rolle, an denen jeden Abend eine Regatta ausgetragen wird, und die «Semaine de la voile» der SNG Teilnehmermagnete. Seit Beginn der 2000er-Jahre spielt die Musik in erster Linie in Villeneuve und Founex. Bei den wöchentlichen Regatten geniesst der Club Nautique Morgien (CNM) seit Jahren einen hervorragenden Ruf. Er profitiert von der Nachtthermik «Morget», die allerdings auch nicht mehr das sein soll, was sie vor der Verbauung der Uferregion war. Weit oben auf der Beliebtheitsskala stehen zudem die «Championnats du monde du mardi», wörtlich übersetzt die Dienstags-Weltmeisterschaften. Sie werden seit Mitte der 1990er-Jahre von der Société Nautique de Genève (SNG) zusammen mit dem Centre d’Entraînement à la Régate (CER) organisiert. Jeden Dienstag bestreiten rund fünfzig Teams aus allen Klassen diese abendlichen Regatten. Der zweite Lauf – analog zur dritten Halbzeit – findet an Land statt und ist ein fester Bestandteil dieser etwas speziellen «WM». Der gesellige Aspekt solcher Clubanlässe hat fast überall einen ebenso hohen Stellenwert wie der sportliche Teil.

40 Jahre Ouchettaz-Week

Eine der teilnehmerstärksten Segelwochen ist die Ouchettaz-Week des Cercle de la Voile de Villeneuve (CVVi). Sie feierte 2018 ihr 40-jähriges Bestehen und ist seit ihren Anfängen das beliebteste Treffen der Segler vom oberen Genfersee. «Die Ouchettaz-Week ist zu einem Hafenfest geworden, es kommen ganz viele Nicht- Segler», sagt Clubpräsident Sacha Mei. Zum Auftakt der Sommerferien treten jeden Abend rund vierzig Boote gegeneinander an. Vor allem aber finden sich danach 400 bis 500 Personen ein, um gemeinsam zu feiern. «Jeden Abend spielt ein Orchester, es gibt Grillspeisen, Pizzas und vieles mehr. Wir arbeiten mit den lokalen Restaurants zusammen.» Rund fünfzig Freiwillige legen die ganze Woche hindurch Hand an. Leute für die Organisation auf dem Wasser zu finden sei allerdings schwierig, so der Präsident, denn am liebsten würden alle mitsegeln.

zVg

Founex, Rendez-vous des unteren Genfersees

Mit ähnlichem Format präsentiert sich die «Semaine du soir» in Founex. Sie wurde 2005 ins Leben gerufen und ist somit deutlichjünger als die Ouchettaz-Week, aber nicht weniger erfolgreich. Eine tadellose Organisation auf dem Wasser, allabendliche Konzerte, Caterer, Winzer und eine ausgelassene Partystimmung verwandeln die Se- gelwoche in ein kleines, aber stetig wachsendes Festival. «Als wir sahen, was in Rolle und Versoix abging, wollten wir etwas Ähnliches auf die Beine stellen», erzählt Gründer Nicolas Rossier, der zwölf Jahre als OK-Präsident die Fäden zog. «Anfangs fand die Segelwoche direkt im Anschluss an die Schlossregatta statt, so konnten wir ihr Zelt und die anderen Infrastrukturen nutzen.» Schon in den ers- ten Jahren kamen Boote aus dem ganzen unteren Genfersee. In den letzten zehn Jahren fanden sich Ende August jeweils rund 50 Boote und 800 Personen ein. «Das ganze Dorf feiert mit uns», freut sich Nicolas Rossier. Damit die Veranstalter nicht überrannt werden, machen sie nur wenig Werbung. Sie bleiben gerne im kleinen Kreis. Erfolg haben sie trotzdem. Das läge auch an den attraktiven, vernünftigen Tarifen, so Rossier. «Es ist uns nie darum gegangen, Geld für den Club zu verdienen, denn wir sind unabhängig. Wir wollen einfach nur die finanzielle Zukunft des Anlasses sichern.»

Kulturgut

Der Dinosaurier unter den Clubregatten ist die Croisière Eynard. Sie gehört zu den ältesten Sportveranstaltungen der Schweiz. Seit ihrer Premiere im Jahr 1916 wurde diese Segelrallye mit einer einzigen Ausnahme jedes Jahr durchge- führt und ist untrennbar mit der Geschichte der SNG verbunden. Theoretisch dürfen nur Clubmitglieder daran teilnehmen, gelegentlich sind aber auch Gäste zugelassen. Die einwöchige Sommerregatta macht jeden Abend in einem anderen Hafen Halt. In ihren Anfängen war sie einer wohlhabenden Elite vorbehalten, anschliessend geriet sie als «Croisière Pinard» («Fusel-Törn») etwas in Verruf. Einige Bon vivants hauten ziemlich auf den Putz. Anfang der 2000er-Jahre ging es dann wieder gesitteter zu. Seither nutzen viele Familien die Croisière Eynard, um mit Kind und Kegel eine Segelwoche zu verbringen. Die gastgebenden Häfen scheuen sich nicht mehr, die Teilnehmer willkommen zu heissen, und das Image der SNG ist wieder lupenrein.

Yves Ryncki

Die Ouchettaz-Week in Villeneuve ist seit über 40 Jahren ein fester Termin im Kalender der Segler vom oberen Genfersee.

Interclub-Meisterschaften

Aus dem 1977 gegründeten «Championnat genevois des Yachts de Croisière» wurde 2002 das «Championnat du Petit Lac». Es besteht aus zehn Regatten, die von acht Partnerclubs organisiert werden. Mit rund fünfzig Booten ist diese Meisterschaft ein wichtiger Anlass im regionalen Segelkalender. Natürlich gehören die beiden gros- sen Genferseeregatten, die Bol d’Or und die Genève-Rolle-Genève, zum Programm. Nach dem gleichen Prinzip wird auf dem Neuenburgersee seit rund 20 Jahren die FVLJ-Meisterschaft gesegelt. Sie umfasst die acht wichtigsten Regatten des Sees, darunter die Bol d’Or und die 100 milles. Während an den grossen Rennen jeweils um die sechzig Boote um Sieg und Ehre kämpfen, beteiligten sich an der Meisterschaft zwei Dutzend Teams. 2019 hat der Regionalverband FVLJ auf Wunsch vieler Regatteure die Racing Tour lanciert. Sie besteht aus drei Etappen und einem Finale, die alle als Up-Down-Kurse gesegelt werden. «Der FVLJ stellt den Vereinen Ressourcen für die Organisation dieser Rennen zur Verfügung», sagt Pierre Gudel von der technischen Kommission. «Wir möchten sie in absehbarer Zeit in die Meisterschaft integrieren. Im Moment sondieren wir noch das Terrain, um das beste Format zu finden. Es soll für uns stemmbar sein und die Erwartungen der Segler erfüllen.»

Auch der Neuenburgersee kennt Segelwochen. Die Segelclubs von Grandson (CVG), Yverdon (La Matelote) und Yvonand (CNTY) organisieren gemeinsam eine Semaine du soir. Eine weitere veranstaltet der Cercle de la Voile de Neuchâtel.

Die genannten Anlässe decken längst nicht alles ab, was die Segelclubs und -verbände so alles an Plauschregatten zu bieten haben. Es sind nur ein paar Beispiele von vielen. Sie zeugen aber von einer Dynamik, ohne die das Vereinsleben zum Erliegen käme. Und sie zeigen, wie wichtig es ist, mit dem Regattaangebot den Zeitgeist zu treffen. Heute ist das Gesellige ebenso gefragt wie der Wettkampf. Zuerst wird gesegelt, danach bei ausgelassener Stimmung gefeiert.


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