Text: BRICE LECHEVALIER
Zum 20-jährigen Bestehen des Skippers-Magazins und den letzten 20 Jahren Schweizer Segelsport möchten wir 20 grossartige Schweizer Seglerinnen und Segler würdigen, die diese Zeit mit ihren Erfolgen geprägt haben. Um es gleich vorwegzunehmen: Die Liste ist nicht vollständig. Alle porträtierten Athleten haben aber etwas gemeinsam: Sie sind mindestens seit der Jahrtausendwende feste Grössen der Schweizer Segelszene und verteidigen die Farben unseres Landes entweder auf unseren Binnenseen oder auf den Weltmeeren – meist mit beachtlichen Ergebnissen. Zusammen repräsentieren sie einen Grossteil der Segeldisziplinen. Ihr Talent ist bei allen grossen Segelnationen anerkannt und hat die Schweiz aus ihrem Schattendasein befreit. Die meisten feiern weiterhin grosse Erfolge und bescheren uns hoffentlich noch lange Zeit viel Freude! Die Liste im nachfolgenden Kapitel ist umfangreicher: Sie enthält die Schweizermeisterinnen und Schweizermeister aller Klassen von 2000 bis 2020. Einige Namen sind Ihnen sicher bekannt. Ein riesiges Bravo an sie alle!
ALAN ROURA
Segeln auf der Überholspur
Alan Roura ist so etwas wie der Haudegen des Schweizer Segelsports, mit zerzauster Frisur, durchdringender Stimme, Mumm in den Knochen und einem riesengrossen Herz. Bevor er 2013 sportlich durchstartete, war der junge Mann aus Versoix (GE) in der Regattaszene noch niemandem ein Begriff, denn damals segelte er auf dem Familienboot über die Weltmeere.
2013 erwarb Alan Roura im Hinblick auf die Mini-Transat einen alten Prototyp aus Sperrholz, der mit dem Kiel in dickem Schlamm steckend langsam verweste. Er hatte den Mini zusammen mit seinem Vater entdeckt und brachte es nicht übers Herz, ihn seinem Schicksal zu überlassen, denn Alan liebt Boote. Sie und die Meere sind sein Leben. Er stürzte sich mit Leib und Seele in das Projekt, hauste in seinem Twingo auf dem Hafenparkplatz von Douarnenez in der Bretagne, um möglichst nah an seinem Mini zu sein, und bereitete sich praktisch rund um die Uhr auf seine erste Atlantiküberquerung im Regattamodus vor. Er schaffte, was kaum jemand für möglich gehalten hätte und wurde 11. in seiner Kategorie. Seine Karriere als Hochseesegler nahm ihren Lauf.
Als fast schon logische Fortsetzung absolvierte er einige Jahre bei den Class 40 und erreichte an der Jacques Vabre 2015 den 10. Platz. Topresultate gelangen ihm auf diesem Boot zwar nicht, dafür lernte er, zunehmend grosse Sportprojekte zu planen und umzusetzen. Damals begegnete er seiner heutigen Lebenspartnerin Aurelia Mouraud. Die Sportjournalistin spielt nicht nur in seinem Privatleben eine wichtige Rolle, sie kümmert sich auch um das Management und die Kommunikation seiner IMOCA-Projekte.
2016 trieb Alan Roura in letzter Minute ein Boot für die Vendée Globe auf und fand mit dem Schweizer Kekshersteller La Fabrique einen Sponsor. Er schenkte der Super Bigou, die Bernard Stamm einst selbst gebaut hatte, ihre erste Solo-Weltumrundung ohne Zwischenstopps. Für den jungen Genfer war das Abenteuer eine kräftezehrende Angelegenheit, denn das Boot besass keine Hydraulik und der Kiel musste mit reiner Muskelkraft geschwenkt werden. Mit nur 23 war er der jüngste Segler, der den «Everest der Meere» bezwang. Trotz des mit wenig Mitteln zusammengeschusterten Projekts wurde Roura 12. Er gewann die Anerkennung der Offshore-Szene und segelte sich in die Herzen der Schweizer. Der furchtlose, sympathische Haudegen wurde zu einem allseits beliebten Botschafter des Segelsports.
2017 erwarb Alan Roura mit der ehemaligen MACSF von Bertrand de Broc eine neuere und schnellere IMOCA-Jacht. Um den technischen Rückstand zu den IMOCA der jüngsten Generation wettzumachen, montierte er Foils auf sein Boot. Diese Lösung war auch finanziell stemmbar. Obwohl er nicht zu den Schnellsten gehörte, bewies er 2019 erneut sein Talent und stellte mit 7 Tagen, 16 Stunden und 58 Sekunden sogar einen neuen Einhand-Atlantikrekord auf. 2020 startet der Schweizer zu seiner zweiten Vendée Globe. Ein unglaublicher Erfahrungsschatz für einen erst 27-Jährigen!
Highlights
2001 : Erster Familientörn über den Atlantik
2013 : 11. Platz an der MiniTransat in der Kategorie der Prototypen
2017 : Jüngster Teilnehmer in der Geschichte der Vendée Globe auf La Fabrique (12.), der ehemaligen Super Bigou von Bernard Stamm
2020 : Zweite Teilnahme an der Vendée Globe