Skippers

🏛 » Reisetrends – Luxus und Ökotourismus: Passt das wirklich zusammen?

Reisetrends – Luxus und Ökotourismus: Passt das wirklich zusammen?

von Quentin

Sie haben Geld, Zeit und residieren am liebsten in Fünf-Sterne-Unterkünften?
Der Schutz unseres Planeten liegt Ihnen ebenfalls am Herzen? Dann gehören Sie zu dieser neuen Gruppe von Reisenden, die sich angesichts ihrer Jetsetter- Gewohnheiten und der durch die schlechte CO2-Bilanz verursachten Schuldgefühle in einem Zwiespalt befinden. Flug- und Kreuzfahrtgesellschaften haben dieses Dilemma durchaus erkannt. Sie setzen vor allem auf schadstoffärmere Kraftstoffe. Viele Luxushotels ziehen nach. Überall auf der Welt stellen sie ihr Engagement für eine nachhaltige Entwicklung in den Vordergrund. Reines Marketing?

Text & Fotos: Bernard Pichon

Das gehobene Segment steht vor der Herausforderung, umweltschonende Massnahmen einzuführen und gleichzeitig ein ungetrübtes Bild von Luxus zu vermitteln. Seit zwei oder drei Jahren versucht man, mit verschiedenen Konzepten eine vermögende und umweltbewusste Klientel anzusprechen. Schon seit Längerem wird diese dazu angehalten, ihre Handtücher mehrmals zu benutzen (die dann doch häufig automatisch gewechselt werden, selbst wenn sie aus Prinzip ordentlich aufgehängt wurden). Einige Hoteliers verbannen Einwegartikel aus Plastik, wie Trinkbecher, Strohhalme usw., oder verwerten die von ihren Gästen kaum benutzten Seifen zu neuen Hygieneprodukten. Vor allem in den Bereichen Stromverbrauch und Lebensmittel, die laut HotellerieSuisse für 90 % der Treibhausgasemissionen des Sektors verantwortlich sind, ist ein Umdenken erforderlich. Naturschützer versäumen es nicht, auf Widersprüche hinzuweisen, wie Öko-Lodges in Afrika, die selbstverständlich nur mit dem Flugzeug erreichbar sind.

Beispiel Asien

Wie lässt sich eine moderne – häufig städtische – Klientel zufriedenstellen, die auf der Suche nach wilder und unberührter Natur ist, sich aber wohl kaum mit mangelndem Komfort oder gar schlechten hygienischen Bedingungen anfreunden kann? Der Ferne Osten scheint neue Massstäbe zu setzen, häufig auf Initiative lokaler Akteure. Das Hotel Datai auf Langkawi (Malaysia) hat sich von EarthCheck zertifizie- ren lassen. Zu den Zielen gehören eine völlige Abfallvermeidung und eine Gartenbewirtschaftung mit Kompostsystem. Auf Borneo ist der Ökotourismus sehr stark vertreten, insbesondere mit einem Freiwilligenprogramm zur Unterstützung der örtlichen Bevölkerung. Gleiches gilt für Sabah. In Sarawak wirbt man mit im Urwald gelegenen Lodges und Aufenthalten bei Einwohnern, die ein völliges Eintauchen in deren Kultur ermöglichen.

Appell an die Sinne

Davon überzeugt, dass Ursprünglichkeit und Spitzenklasse kein Widerspruch sind, gründeten Eva und Sonu Shivdasani eine Luxushotelkette, bei der unverfälschte Schönheit an die Stelle von Pomp tritt. Die Kette «Six Senses», die sowohl in Südostasien, als auch im Sultanat Oman oder im Indischen Ozean vertreten ist, richtet sich an moderne Robinsons. Diese ganz neue Form von Luxus findet man an eher ab- geschiedenen, doch stets atemberaubenden Orten: Hier wird der frisch gefangene Fisch lieber auf einem Bambus-Tisch als in Marmorambiente verkostet.

Die beiden Adressen in Vietnam – Ninh Van Bay (Provinz Khanh Hoa) und Con Dao (vor Nha Trang) – zeichnen sich durch ihre Abgeschiedenheit und ihr innovatives Design aus: unbehandeltes Holz, Bambusjalousien, Badezimmer im traditionellen Stil. Die Häuser sind nach aussen offen und zugleich vollkommen vor neugierigen Blicken geschützt. Die örtlichen Fischer laden nach und nach ihren Fang ab. Gemüse und Kräuter stammen aus eigenem biologischem Anbau. Das servierte Wasser wurde nicht vom anderen Ende der Welt importiert, sondern vor Ort produziert und in wiederverwendbare Flaschen abgefüllt.

MONSUNTAG IM SIX SENSES AUF DER INSEL YAO NOI, IDEAL FÜR EIN SPA-VERGNÜGEN IN FREIER NATUR

Thailändische Raffinesse

Ein Archipel im Golf von Thailand, an der Grenze zu Kambodscha, etwa 320 Kilometer von Bangkok entfernt. Lange, verlassene Strände, grüne Hügel und unberührter Regenwald. Hier hat Soneva Kiri ein Kleinod geschaffen: ein edel-rustikales Hotelresort, das zu den exklusivsten der Welt gehört. «No news, no shoes» lautet das Motto des Hauses. Bei der Ankunft am Bootsanleger werden Sie daher vom Empfangspersonal gebeten, Ihre Schuhe auszuziehen. Sofortiges Abschalten ist angesagt. Barfuss geht es also durch die Alleen bis zu der über 160 Hektar Dschungel grosszügig verteilten Anlage in Holzbauweise. Hier gibt es kein Fernsehen; alles besteht aus ökologischen oder recycelten Materialien. Etwa zwanzig Mitarbeiter sind mit der Wiederaufbereitung von knapp 80 % der organischen Abfälle aus der Küche beschäftigt.

DAS SIX SENSES AUF SEINER INSEL DES VIETNAMESISCHEN ARCHIPELS CON DAO SETZT AUF ELEGANZ AUS NATÜRLICHEN MATERIALIEN

Ein Hauch von Fitzcarraldo

Begeben wir uns nach Australien, auf die vor Adelaide gelegene Känguru-Insel. An wie vielen Orten auf der Erde bietet sich noch der Anblick solch unendlich langer, völlig unberührter Strände? An einem dieser Strände, in abgelegener Lage, ist es Hayley und James Baillie – Impulsgeber für eine umweltfreundliche Hotellerie – gleichwohl gelungen, ein Öko-Luxushotel zu errichten, das regelmässig zu den Top Ten der Welt gehört. Der lokale Architekt dieses wahnsinnigen Unterfangens hat sein Bauwerk so geschickt in den Buschwald integriert, dass man fast von Tarnung sprechen könnte. Auffälligen Luxus gibt es im Southern Ocean Lodge nicht, dafür skandinavische Schlichtheit, die jedoch mit raffinierten Details aufwartet. Die Privilegierten, die sich einen Aufenthalt dort leisten können, geniessen Vollpension mit gehobenen Speisen, Getränken und … – trotz allem – WLAN! Professionelle Fremdenführer zeigen ihnen die Schönheiten der Insel und erläutern den atemberaubenden Ausblick, der sich von Zimmern und Lobby aus bietet. Eine Praktikantin der Lausanner Hotelfachschule fasst ihre Eindrücke wie folgt zusammen: «Natürlich kann man hier samstagabends nicht viel machen, ausser Feuer im Kamin, doch man ist permanent von einem grandiosen Schauspiel umgeben.»

Afrikanisches Pendant

Gleiches Konzept, gleiche Art von Umfeld: Eine andere Anlage erinnert stark an dieses australische Beispiel. Sie befindet sich in Südafrika, unweit von Kapstadt. Das Grootbos liegt verborgen in einem riesigen privaten Naturreservat, das alles besitzt, um Touristen zum Staunen zu bringen. Sechs neue Pflanzenarten wurden unlängst in dieser Busch- landschaft entdeckt, wo unzählige Blumen für leuchtende Farbtupfer auf einem ansonsten eher graugrünen Teppich sorgen. Auf dem Ozean können Wale beobachtet werden, die sich zwischen Juni und September besonders zahlreich zeigen.

In diesem Weinbaugebiet, in das normalerweise keine Safaris führen, verbergen sich Luxushotels für einen Ökotourismus vom Feinsten. Das riesige Weingut Boschendal (254 Hektar) bietet sowohl Weinverkostungen (fünf Weine nach Wahl) als auch Übernachtungsmöglichkeiten in Cottages, umgeben von biologisch bewirtschafteten Nutz- und Ziergärten, an. Das gut erhaltene, beeindruckende Herrenhaus von 1812 ist ein herausragendes Beispiel für die berühmte kapholländische Architektur, die zu dieser Zeit boomte. Zur Erkundung der Umgebung werden Aus- ritte angeboten. Im Tree House Club können 4- bis 14-Jährige das echte Landleben kennenlernen. «Einige entdecken erst hier, dass die Milch aus dem Euter der Kuh und nicht aus einer Milchkartonfabrik kommt», erzählt eine Betreuerin amüsiert.

DAS GROOTBOS LIEGT OBERHALB EINES PRIVATEN NATURRESERVATS

Es geht uns alle an

Einem aktuellen Bericht der Welttourismusorganisation zufolge dürfte der Anteil der durch den Reiseverkehr verursachten Emissionen bis 2030 5,3% des gesamten vom Menschen verursachten CO2-Ausstosses betragen. 2016 waren es noch 5%. Touristen sollen ihre Verhaltensweisen ändern und so etwas für das Überleben unseres Planeten tun. Laut einer französischen Studie möchten 54 % der Befragten gerne zum Rückgang des Massentourismus beitragen. Zwei Drittel beabsichtigen, Touristenhochburgen zu meiden, und 59 % tendieren zu Unterkünften ausserhalb der Stadtzentren. Darüber hinaus wünschen sich immerhin 60 % der Befragten eine App oder Website für Empfehlungen zu Reisezielen, die sich zu einem stärkeren Touristenmagneten entwickeln möchten.

DIE UNTERKÜNFTE VON BOSCHENDAL SIND EINGEBETTET IN EINEN RIESIGEN GARTEN, UMGEBEN VON WEINREBEN

Dans la meme categorie