Text und Fotos: ©Roland Fardeau
Es ist eine traurige Tatsache: Um noch mehr Touristen anzulocken, bauen die asiatischen Länder ihre Infrastrukturen aus. So geschehen in Phuket im Süden Thailands, der beliebtesten Feriendestination der europäischen Reiseagenturen, die mit Traumstränden und Tropenidylle zu unschlagbaren Preisen werben.
In den letzten dreissig Jahren sind die Hotels in Thailand
wie Pilze aus dem Boden geschossen. Der ungebremste Bauboom löste eine Landflucht in die übervölkerten Städte wie Patong Rawai oder Phuket aus und verwandelte die einstigen Paradiese in Hochburgen des Massentourismus. Abseits der Besucherflut gibt es aber noch ein paar naturbelassene Flecken. Zwischen Himmel und Meer liegt eine Handvoll Inseln, die das Prädikat Tropenidylle wirklich verdient haben. Mit einem Fahrtenkatamaran segelten wir acht Tage lang ab Phuket durch das Inselparadies der Provinz Krabi und entdeckten dabei das ursprüngliche Thailand. Überrascht stellten wir fest, dass die Marina im Norden von Phuket deutlich weniger überfüllt ist als der Süden der Insel. Hier wurde der Natur noch nicht der Garaus gemacht. Sie wuchert und blüht aufs Schönste – nach den vielen Betonbunkern und plattgewalzten Regenwaldabschnitten eine erfreuliche Überraschung! Wir fühlten uns wie am Ende der Welt. Die Ao Po Grand Marina empfängt ihre Gäste mit offenen Armen. Olivier Wilce, der Chef der lokalen Basis von The Moorings und grosser Kenner der asiatischen Segelreviere, half uns, unsere Seesäcke an Bord des Katamarans zu verstauen. Der 48-Füsser verfügt über vier grosszügige Kabinen, einen geräumigen Salon mit Panoramasicht, Komfort wie in einem Fünfsternehotel und, in dieser Tropenregion besonders wichtig, eine Klimaanlage.
Inselparadies in der Andamanensee
Am Morgen unseres ersten Tages zeigte das Thermometer bereits über 30 Grad an. Das Meer war ruhig, der Wind schwach. Unter Motor glitt das Boot sanft aufs türkisfarbene Wasser hinaus und nahm Kurs auf die ersten Inseln der Andamanensee. Ein Anblick wie aus einem Reiseprospekt, der verblüffende Ähnlichkeiten mit der Halong-Bucht in Vietnam hat. Überall ragen Zuckerhüte in allen Grössen aus dem Wasser. Von Wind und Wetter wie bretonische Menhire sehr ungleich gestaltet dienen sie als wertvolle Landmarken. An Bord suchten wir Schatten, die Sonne brannte immer stärker. Da wir die Anweisung erhalten hatten, das Stromaggregat unterwegs nicht zu verwenden und die Klimaanlage deshalb nicht in Betrieb war, machten wir es uns im kleinen Salon auf dem Vordeck gemütlich, wo uns die kühlende Brise wie im Freien um die Ohren wehte. Als sie auf 15 Knoten auffrischte, konnten wir die Segel setzen. Fast geräuschlos und wie auf Watte nahm der Kat Fahrt auf. Das Revier zwischen der Gebirgskette von Phuket und den Bergen von Krabi birgt keine Gefahren, nicht einmal für eine unerfahrene Familie. Es kann auf Sicht gesegelt werden. Viele Inseln liegen nur zwei bis fünf Seemeilen auseinander, was die Navigation mit einer Seekarte einfach macht. Achten sollte man allerdings auf die Gezeiten; der Tidenhub kann stellenweise bis zu zwei Meter betragen. Da unser Kat aber nur einen geringen Tiefgang hat, hielt sich die Gefahr für uns in Grenzen. Für den Fall der Fälle lag an Bord ein Gezeitenkalender bereit.
Allein auf der Welt
Die Inseln reihen sich vor einer theaterwürdigen Kulisse ins schier Unendliche aneinander. Wir konnten uns an dem grossartigen Bühnenbild sowohl tagsüber als auch nachts kaum sattsehen. Die Ruhe schien fast unwirklich und immer wieder tauchte wie aus dem Nichts eine weitere Insel auf. Einige sind abgelegen und unerreichbar, andere von Fischern bewohnt. Wir umfuhren die beiden grossen, durch einen Nationalpark geschützten Inseln Ko Yao Noi und Ko Yao Yai nordwärts. Ohne gross zu überlegen, steuerten wir Ko Phanak an. Die Insel ist leicht an ihren fünf, von üppigem Grün umgebenen Bergspitzen erkennbar und wie in der Region üblich von einer dschungelartigen Vegetation überwuchert, die ihr einen ganz besonderen Charme verleiht. Mit Ausnahme einiger Fischerboote begegneten wir keinem anderen Schiff. Es fühlte sich an, als wären wir allein auf der Welt. Gemächlich schipperten wir an den schroffen, wie von Messern zerschnittenen Felshängen vorbei. Dabei fotografierten wir Naturhöhlen und einen abseits gelegenen Sandstrand, der golden schimmerte und für einen Halt wie geschaffen war. Im glasklaren Wasser tummelten sich unzählige exotische Fische. Sie umkreisten unser Boot, als wollten sie uns den Hof machen. Ein aussergewöhnlicher Ort fern von Feriendörfern, Luxushotels und Privatresidenzen!
Nach diesem ruhigen Intermezzo kreuzten wir nach Lust und Laune zwischen den Inseln. Besonders ins Auge gestochen ist uns die geologische Kuriosität Ko Khai. Man kann sie unmöglich verfehlen: vorbei an Ko Sa Kang und Ko Raya, das gegenüber der berühmten James-Bond-Insel Ko Dangh Yai liegt, und schon rückt sie ins Blickfeld. Wir wähnten uns vor einer Riesenleinwand, die in einer Endlosschleife Bilder abspielt. Das Meer funkelte wie Tausend Kristalle und eine Insel bot schönere Liegeplätze als die andere. Um das ganze Revier zu erkunden, hätten wir Tage gebraucht. Wir zählen über 110 Ankermöglichkeiten! Hier findet man problemlos einen einsamen Ort, um in Ruhe und Abgeschiedenheit von den traumhaften Bedingungen zu profitieren.
Begegnung mit Fischern
Im Süden hiess unser Ziel Ko Pan Yee, auch bekannt als Sea Gypsy. Trotz grossem Besucherandrang lohnt dieses auf Pfählen errichtete Dorf einen Abstecher. Gegen 17 Uhr, wenn die Touristenboote die Menschenmassen wieder zurückbringen, kehrt im Dorf Ruhe ein. Mit dem Dinghi fuhren wir zu einer muslimischen Gemeinschaft, die sich vor 200 Jahren auf der Insel niedergelassen hat. Noch vor Sonnenuntergang verabschiedeten wir uns. Zielstrebig umfuhren wir die Inseln Ko Ngam und Ko Chong Lat bis zur Meeresfarm in Laem Sak Village, wo wir eine wunderbare Nacht verbrachten. Am nächsten Morgen wurden wir von einem kurzen Gewitter überrascht. Kaum zeigte sich die Sonne wieder, bot uns ein Fischer Crevetten zum Freundschaftspreis an. Sie schmeckten köstlich. Uns fehlte leider die Zeit, die vielen Ankerplätze und die in der üppigen Vegetation verborgenen kleinen Dörfer gründlicher zu erkunden. Die weissen Sandstrände der Insel Lo Yao Noi erinnerten uns daran, wie Phuket vor 30 Jahren ausgesehen hat. Weiter ging es nach Ko Phi Phi, bestehend aus der Hauptinsel Ko Phi Phi Don und der kleineren Nebeninsel Ko Phi Phi Leh. Auch sie sind atemberaubend schön, weshalb wir vor unserer Rückfahrt ein letztes Mal Halt machten. In Loh Dalum Bay war die Hölle los. In dieser Tourismushochburg trifft sich die Jugend, um Party zu machen. Es geht zu und her wie auf Ibiza. Musik plärrt aus Boxen, Alkohol fliesst in Strömen und enthemmt sogar die Schüchternsten. Zu viel Jubel und Trubel für unseren Geschmack. Wir machten kehrt und zogen weiter nach Phi Phi Don, den deutlich beschaulicheren Süden der Insel. In einer Postkartenlandschaft fanden wir eine einsame Naturbucht. Als uns der Hunger plagte, näherten wir uns dem Palmenstrand, auf dem in kleinen, bunten Holzhütten Thai-Gerichte zubereitet werden. Nach acht wunderbaren Tagen endete unser Törn. Wir hätten uns 15 Tage freinehmen sollen! Ein andermal…