Nach der erfolgreichen Fertigstellung des Ferienresorts Andermatt Swiss Alps sucht der ägyptische Investor Samih Sawiris eine neue Herausforderung. Am Urnersee, im Zentrum des Segel- und Windsurf-Hotspots, soll eine Tourismusanlage mit Marina entstehen. Das weckt Frühlingsgefühle in der Segelszene.
Eines muss man ihm lassen, Samih Sawiris beweist Hartnäckigkeit. Als er vor 17 Jahren nach Andermatt kam und dem krisengeplagten Bergdorf seine Vision vom grossen Ferienresort mit sechs Hotels, 42 Apartmenthäusern, einem grossen Golfplatz und einem modernisierten Skigebiet vorstellte, wurde er belächelt. Sawiris liess sich nicht entmutigen, kämpfte mit an Sturheit grenzender Entschlossenheit gegen alle Widerstände und investierte eine Milliarde, um seine Vision umzusetzen. Inzwischen ist das Resort praktisch vollendet und hat der Urner Touristendestination zu neuer Blüte verholfen. Sawiris gilt als Visionär und Macher, die Skepsis ist Bewunderung gewichen. Jetzt sorgt Sawiris mit einem neuen Projekt für Aufmerksamkeit. Er plant ein WassersportResort am Urnersee. Die Idee, auf einer idyllischen gelegenen Landzunge ein Resort zu errichten, muss schon vor langer Zeit entstanden sein. Die Gegend habe schon vor 14 Jahren sein Interesse geweckt, erzählte Sawiris im April einem grossen Publikum an einer Informationsveranstaltung. Damals habe man ihm geraten, er solle zuerst sein Projekt in Andermatt realisieren, sonst würde ihn niemand ernst nehmen. «Also habe ich geschwiegen, die Idee aber nie vergessen», erklärte er.
Probleme zu Hauf
Dass er nicht ernst genommen wird, muss Sawiris längst nicht mehr befürchten. Ebenso unbestritten ist, dass er sich mit dem neuen Projekt erneut eine Menge neuer Probleme auflädt. Die Zustimmung der Bevölkerung zum Resort wird er wohl gewinnen, schliesslich ist es ihm gelungen, Andermatt aus dem Dornröschenschlaf zu wecken. Grösste Herausforderung bei seinem neuen Projekt ist der problematische Standort. Auf dem Areal an der Mündung des Isenthalerbaches steht nämlich eine alte Sprengstofffabrik. Kein Geringerer als Alfred Nobel, der spätere Gründer der Stiftung, die jährlich Nobelpreise an die grössten Koryphäen der Welt vergibt, hat hier gegen Ende des vorletzten Jahrhunderts eine Dynamitfabrik gebaut. Sprengstoff wurde zum Tunnelbau der Gotthardbahn in rauz en Mengen gebraucht. Die Produktion von Nitroglyzerin wurde vor einigen Jahren eingestellt. Einige Gebäude sind aber schützenswert und müssen erhalten werden. Die ganze Halbinsel Isleten gehört zum Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung. Landschaftsschützer haben bereits massiven Widerstand angekündigt. Neben den Problemen mit Natur-, Heimatund Gewässerschutz kommt auch noch dazu, dass die Kantonsstrasse verlegt werden muss.
Kernstück Binnenhafen
Für die meisten Investoren würde das ausreichen, um die Finger davon zu lassen. Nicht so für Samih Sawiris. Er hat das Gelände mit der verfallenen Fabrik, die er nicht einmal abreissen darf, gekauft und einen Plan entwickelt. Er will hier ein Hotel im Dreioder Viersternesegment mit rund 50 Hotelzimmern sowie rund 100 hotelmässig bewirtschaftete Wohnungen bauen. Daneben sollen auch Gastround Einkaufslokalitäten entstehen und eine Freizeitzone eingerichtet werden. Kernstück würde eine Hafenanlage im Landesinnern. Dazu müsste das Delta ausgebaggert werden und eine künstliche Bucht mit kleiner Insel würde dem Resort ein mediterranes Flair verleihen. Bis zu 50 Boote sollen hier Platz finden: 25 auf festen Standplätzen und 25 auf Besucherplätzen.
Auftrieb für den Segelsport?
Zu den Plänen gehört auch eine integrierte Segelschule. Was das für den Segelsport auf dem Urnersee bedeutet, ist noch nicht klar. Ist hier mit einer Infrastruktur zu rechnen, die grosse Segelsportanlässe zulässt? Nachdem der Segelclub Uri seine Aktivitäten eingestellt hat und da sich der Hafen Sisikon nicht für die Organisation grosser Regatten eignet, besteht Hoffnung auf einen neuen Stützpunkt mitten im Segelmekka. Wieviel Goodwill ist von Sawiris für die Segelcommunity zu erwarten? Was viele nicht wissen: Sawiris ist selbst Segler, besitzt eine Jacht auf dem Vierwaldstättersee und hat den Urnersee ins Herz geschlossen. Er gilt als umgänglich mit stets offenem Ohr für die Anliegen der Öffentlichkeit. Vielleicht läge da sogar ein Deal mit Swiss Sailing drin, um ein StarkwindTrainingszentrum für die SwS-Team-Elite zu errichten?
Chance auch für Surfund Kite-Fans?
Es sind nicht nur Seglerinnen und Segler die hoffen, dass hier vielleicht ein neues Kompetenzzentrum entsteht. Auch die Kiteund Windsurf-Community träumt von einem neuen Hotspot. Florian Jauch, Geschäftsführer und Mitinhaber von Windsurfing Urnersee, der Windsurfund Wingschule auf der gegenüberliegenden Seeseite, kann dem Projekt viel Positives abgewinnen: «Das Gelände an der Isleten liegt im Moment völlig brach, grosse Teile des Areals sind für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Es kann also nur besser werden, zumal das Ufer komplett öffentlich zugänglich werden soll», meint er. «Samih Sawiris muss den Wassersport in das neue Resort einbinden. Hier ist keine Gegend, wo man unter dem Sonnenschirm Dolcefarniente betreibt, hier regiert der Wind.» Zweckoptimismus oder Wunschdenken der Wassersportlerinnen und -sportler? Man wird sehen. Und wenn sich die Spekulationen dann doch in Luft auflösen, bleibt immer noch die Hoffnung, dass einige der 100 geplanten Wohnungen an aktive Seglerinnen, Windsurfer und Kiter verkauft werden. Sie wären potenzielle neue Mitglieder der ansässigen Wassersportvereine, die dem Clubleben vor Ort und der Szene Zentralschweiz neuen Auftrieb verleihen würden.
Text: Walter Rudin