Sri Lankas Nordküste ist die am wenigsten besuchte Region der Insel, obwohl sie mit ihren riesigen Stränden und den im Indischen Ozean verteilten Inseln einen ungeahnten Charme versprüht. Als Wiege der tamilischen Kultur hatte der an die Palkstrasse grenzende Norden schon immer einen Sonderstatus.
Text und Fotos: Stephan Engler
Wer unbekannte Orte, einsame Inseln und intakte Natur liebt, ist im Norden Sri Lankas genau richtig. In der lange vergessenen Nordprovinz erlebt man das unverfälschte Sri Lanka abseits der typischen Routen. Grösste Stadt der Nordprovinz ist Jaffna. Das ehemals florierende Handelszentrum wird von einer imposanten Festung geschützt, die 1680 auf einem portugiesischen Fort errichtet wurde. Auf der gleichnamigen Halbinsel gibt es viel zu entdecken. Sehenswert ist zum Beispiel Point Pedro, die nördlichste Stadt der Insel, oder die Keerimala-Quelle mit ihrem blaugrünen, bei den Einheimischen sehr beliebten Wasser.
Bereits bei unserer Ankunft werden wir ein erstes Mal positiv überrascht. In der zweitgrössten Stadt des Landes herrscht zwar wie zu erwarten reger Verkehr, Hektik ist aber keine zu spüren. Jaffna strahlt eine ungewohnt ruhige, schon fast gediegene Atmosphäre aus.
Gemütliche Gleitfahrt
Am nächsten Morgen brechen wir nach Kurrikadduwan auf. Nach einer Stunde Fahrt erreichen wir den Bootssteg gegenüber der Insel Nainativu, einem wichtigen Pilgerort für Buddhisten. Wenige Kabellängen entfernt ankert unser Katamaran, der Ceycat 53 Sapphire. Da jegliche Infrastruktur für Freizeitsegler fehlt, holt uns das Beiboot am Ufer ab. Wir verstauen kurz unsere Siebensachen in der geräumigen Kabine und stechen in See. Es ist heiss, nicht einmal der rund 10 Knoten starke Wind bringt Abkühlung.
Unter Grosssegel und Genua gleiten wir neben alten Booten voller Pilger aufs offene Meer, Nainativu backbord lassend. Eine Stunde und mehrere Manöver später nähern wir uns Analativu. Kaum haben wir mit dem Dinghi am Strand der Insel aufgesetzt, sprechen uns zwei liebenswürdige Fischer an und erklären uns, auf welchem Weg wir die Insel am besten erkunden. Über einen schmalen Pfad, der an ein paar kleinen, von dichter Vegetation umgebenen Häusern vorbeiführt, gelangen wir zu einem bunten Hindutempel. Der Priester, sichtlich überrascht über unseren Besuch, heisst uns herzlich willkommen. Fremde Gesichter sieht er hier nur selten. Es herrscht eine unglaubliche Stille, die Zeit scheint stillzustehen. Nur das ferne Rauschen des Windes und des Ozeans durchbrechen das wohltuende Schweigen. Widerstrebend reissen wir uns los. Wir müssen zurück zum Boot, bevor die Sonne untergeht. Beim Abendessen an Bord sind wir nach unserem entschleunigenden Landgang tiefenentspannt. Gelöst lassen wir uns vom Plätschern der Wellen in den Schlaf schaukeln. Die Sonne ist längst untergegangen.
Korallen im Überfluss
Als der nächste Tag anbricht, lichten wir den Anker und nehmen voll betucht Kurs auf Nedunthivu, noch immer bekannt unter dem niederländischen Namen Delft. Dort finden wir erst einmal keinen Platz, Warteschlangen seien hier üblich, wird uns gesagt. Sei’s drum. Wir machen es wie die anderen und klettern von einem Boot zum nächsten, bis wir festen Boden unter den Füssen haben.
Im Hafen warten zwei Polizisten im Schatten eines gespannten Tuchs, um die Nummern unserer Pässe ins Register einzutragen. Ein Tuk-Tuk nimmt uns mit auf eine Inselrundfahrt. Überall haben die Einwohner Mauern aus Korallen gebaut. Es müssen mehrere hundert sein. Korallen sind hier im Überfluss vorhanden. Man braucht sich nur zu bücken und die an den Strand gespülten gebleichten Überreste aufzusammeln. Archäologisch hat Delft ebenfalls einiges zu bieten. Mehrere Ruinen und Bauten wie die Festung, das niederländische Taubenhaus, der britische Gerichtshof und das kürzlich renovierte alte Krankenhaus erinnern an frühere Kolonialherrschaften. Das Besondere aber ist die eigene, durch das fast unwirkliche Aufeinandertreffen zweier gegensätzlicher Welten genährte Atmosphäre auf der Insel: das Land mit seinen friedlich weidenden Pferden – Nachkommen der von den Holländern eingeführten Rassen – und das Meer mit den farbenfrohen Fischerbooten, die sich wie lauter bunte Punkte vom hellen Sandstrand abheben.
Wundersamer Fischfang
Die Hafenausfahrt ist nicht ganz einfach, vor allem bei so hohen Wellen und so viel Wind wie heute. Doch unser Katamaran macht seine Sache gut. Mühelos segeln wir zu unserem nächsten Ziel, als sich im Heck plötzlich die Schnur der Angelrute spannt. Nach kurzem Kampf ziehen wir stolz einen Prachtkerl von einem Barrakuda an Deck. Damit steht auch das heutige Menü fest. Frischer und lokaler kann man kaum essen. Unterdessen haben wir schon fast Kakerativu erreicht. Wir ankern in Ufernähe und setzen mit dem Dinghi über. Die Insel wird lediglich von einigen Fischern bewohnt, die sich saisonweise hier aufhalten. Ausser Natur gibt es daher auch nicht viel zu sehen, nur ein paar bescheidene Hütten aus Palmwedeln, eine kleine Kirche und vier Statuen des heiligen Antonius von Padua, dem Schutzpatron der Seefahrer. Die grösste steht auf einem Sockel rund fünf Meter vom Ufer entfernt und blickt aufs Meer. Die Anzahl der von den katholischen Fischern aus Jaffna angeschleppten Statuen lässt erahnen, wie gross das Schutzbedürfnis auf dieser abgelegenen Insel ist. Gefischt werden im Übri- gen vor allem Krabben, Tintenfische und Makrelen. Zurück an Bord erwar- tet uns ein köstliches Essen mit einem perfekt gegarten Barrakuda.
Nach einem erholsamen Schlaf nehmen wir am nächsten Morgen die fünfstündige Fahrt nach Jaffna unter die Buge. Auf unserem Nordwestkurs der Jaffna-Halbinsel entlang kommen wir zügig vorwärts und erreichen schon bald unser Ziel Kurikadduwan, wo unser Törn zu Ende geht. Geblieben sind uns einmalige Begegnungen und viele bereichernde Erlebnisse. Wir haben nur einen winzigen Teil der faszinierenden Inseln besucht. Auf dem in unzähligen Blautönen schimmernden Wasser gibt es noch viel mehr zu sehen!
Anreise
Mit Qatar Airways; die Fluggesellschaft bieten gute Anschlussflüge an.
qatarairways.com
Charter
Im Norden von November bis April mit Sail Lanka
oder my charter
sail-lanka-charter.com, contact@sail-lanka-charter.com oder my charter, info@mycharter.ch, mycharter.ch