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Rallye in Palma

von Brice Lechevalier

Die Bénéteau-Gruppe versteht es wie keine andere, die nach Bootskategorie unterteilten Eignertreffen für ihre Zwecke zu nutzen und das Interesse der Besitzer für die jüngsten und meist geräumigeren Neuheiten zu wecken. Auch Jeanneau organisiert für die an grossen Einheiten (49-57 Fuss) interessierte Kundschaft seit elf Jahren einen Event in Saint-Tropez, so wie Lagoon seit letztem Jahr in Marseille* und CNB für die Bordeaux 60 seit 2009 in Palma. Letztere wurden 2008 sogar offiziell an einem Eignertreffen in Saint-Tropez lanciert, wo 280 Besitzer von Sun Odyssée 49 und 54 und andere Gäste der Marke das Design und die Leistungen der Neuheit anlässlich einer Weltpremiere bewundern konnten.* Solche Charmoffensiven sprechen ein kleineres Zielpublikum an als eine Bootsmesse, sind aber sehr wirksam. Seit der Markteinführung wurden trotz Krise 25 Bordeaux 60 verkauft. Auf die Frage, weshalb sie sich gerade für dieses Boot entschieden haben, nannten die meisten Eigner das ausgezeichnete Preis-Leistungsverhältnis (ab ¤ 1 Million, je nach Optionen und Endausfertigung) als Hauptgrund. Ohne die Zugehörigkeit zur Bénéteau-Gruppe, dem weltweit führenden Segelboothersteller, würden die 60-Fuss-Jachten das Anderthalbfache kosten, räumt der stellvertretende Direktor von CNB Jean-Louis Chaput ein. Alle Einkäufe von Rohmaterialien und Ausstattungselementen profi tieren vom Mengenrabatt und da die Bordeaux 60 in der CNB-Werft gebaut werden, entstehen zusätzlich zu den Skaleneffekten auch Synergien bei der Entwicklung und dem Back Office. Doch obwohl der Preis ein wichtiger Faktor ist, kann er allein den Erfolg nicht erklären. Das bestätigen die Kommentare der mehreren Dutzend Eigner, die aus ganz Europa nach Palma gereist waren, um dort vom 9.-11. Juli ihre Bahnen zu ziehen. Sie hatten doppeltes Glück: Das Wochenende fiel mit dem WM-Sieg der Roja in Südafrika zusammen und bei der ausgelassenen Partystimmung floss der Rioja in Strömen.

Regattasegler und Grossfamilien
Der Sieg der Bordeaux 60 Osprey am Round the Island Race 2010 (Isle of Wight) in der ISC-Klasse mit insgesamt 822 Gestarteten hat einmal mehr bewiesen, dass auch Leistung zum Wortschatz der französischen Werft gehört. Natürlich waren auch in Palma einige Teams mit festen Siegesabsichten angereist. Zwei Bordeaux 60 fuhren mit einer kompletten Regattaausstattung auf: Code Zero, 3DL Segel… nichts fehlte. Dumia, Siegerin 2009 und diesjährige 4., gehört zwei Freunden aus Deutschland und der Deutschschweiz, die regelmässig auf Soling segeln und die Rund Um Bodensee bestreiten. Die diesjährige Gewinnerin Marijose ist im Besitz eines französischen Paars, das sich Profisegler zur Verstärkung an Bord geholt hat. Sie alle segeln häufig. Die 2008 gekaufte Dumia ist drei Monate pro Jahr in Korsika, Sardinien, im restlichen Italien und in Tunesien unterwegs. „Damals waren die Kosten für einen Karbonmast völlig überrissen, aber jetzt ist er das einzige, was dem Boot noch fehlt“, grinst der stolze Besitzer. Er ist vom Segelerlebnis auf der Bordeaux 60 so überzeugt, dass er in den nächsten fünf Jahren ganz bestimmt auf einen Wechsel verzichten wird. Seit diesem Sommer steht noch eine weitere gebrauchte Bordeaux 60 zum Verkauf: Die Eos 2, die derzeit in den Händen einer französischen Grossfamilie ist. „Ich habe die Bordeaux 60 an den Voiles de Saint-Tropez getestet und war von ihrer einfachen Bedienbarkeit angenehm überrascht. Ich habe mich wohler gefühlt als am Steuer meiner alten SO 49DS. Wie bei allen Booten hatten wir am Anfang einige kleine Probleme, aber die Werft hat sehr gut reagiert und wir verbringen sechs bis sieben sehr angenehme Wochen pro Jahr auf dem Wasser. Auch der Volvo-Penta-Motor funktioniert gut. Das ist auf dem Mittelmeer, auf dem es manchmal windstill ist, besonders wichtig. Auf die Frage, warum er sie dann zum Verkauf ausgeschrieben habe, antwortet er: „Die Familie ist gross und wir nehmen gern Spiel- und Sportgeräte fürs Wasser mit. Wir brauchen deshalb auch mehr Platz. Jetzt, da CNB und ich uns gegenseitig kennen, werde ich bei ihnen bestimmt eine 75- oder 80- Fuss Segeljacht bestellen.“ Die Eigner der Eos 2 waren nicht die einzige Grossfamilie vor Ort. Ein libanesisch-holländisches Paar war auf ihrer Alayat 3 mit einer ganzen Clique aus La Rochelle angereist (die Kinder der elfköpfigen Besatzung schliefen in der Segelkammer). Auch sie segelten früher auf einer Jeanneau SO 49, mit der sie unter anderem ein Jahr lang in den Antillen gekreuzt hatten. Jetzt wollen die erfolgreichen Bio-Bauern erneut eine einjährige Auszeit nehmen. „Das französische Bildungssystem erlaubt das Fernstudium. Unsere vier Kinder sind bereits wieder angemeldet und wir brechen bald zu den Antillen und nach Florida auf, wobei der Weg an Gibraltar und an den Kanaren vorbei führt“, erklärt der Vater. Er hat sogar eine Homepage aufgeschaltet, damit er den Kontakt mit den Freunden nicht verliert.**

Erstes Boot, erster Podestplatz
Für den Besitzer der in Palma zweitplatzierten Kismet, einen Anwalt aus Zürich, ist „die Bordeaux 60 die Beste in ihrer Kategorie“. Er hat zusammen mit seiner Frau und den beiden Töchtern eine Liste mit Kriterien zusammengestellt, die bei der Wahl ihres ersten Bootes wichtig sind. Schliesslich haben sie sich für die 60-Fuss-Jacht von CNB entschieden. „Wir haben uns auch 75- und 80-Fuss-Jachten angeschaut, doch meine Frau legte Wert darauf, dass das Segelboot neu war.“ Von der Möglichkeit, ihr Boot individuell einzurichten, haben sie regen Gebrauch gemacht und sogar ein Ausstatter-Duo auf Jahresbasis engagiert. „Diesen Winter werden wir die ARC segeln und einige Wochen in der Karibik verbringen.“ In Palma teilten sie sich das Podest mit dem Eigner der drittplatzierten Nina, die ebenfalls sein erstes eigenes Boot ist. Der in London tätige Vermögensverwalter charterte mit seiner Frau und seiner Tochter seit vielen Jahren Jachten und heuerte dafür stets den gleichen Skipper an. Gemeinsam haben sie sich dann für den Kauf eines eigenen Bootes entschieden. „Ich hoffe, dass es meiner Frau und meiner Tochter gefällt“, flüstert der Lebemann. Er selbst konnte mit seiner Begeisterung über sein erstes Regattaerlebnis kaum hinterm Zaum halten und freute sich wie ein Kind, seinen Che Guevara Spi erstmals in der Bucht von Palma flattern zu sehen. Seine Begeisterung war so gross, dass er den Verkaufsdirektor von Bordeaux 60 Marc Renwick, der an der Rallye als Taktiker an Bord der Nina mitsegelte und einen erheblichen Anteil an unserem Sieg hatte (Skippers war ebenfalls an Bord) bat, auch an den Voiles de Saint-Tropez anzutreten. Falls auch Sie dort dabei sein sollten und einen roten Spi mit dem berühmten Bild von Che erblicken, dann können Sie sicher sein: darunter pfl ügt eine Bordeaux 60 durch die Wellen.

* s. Artikel in der Rubrik „Werften & Messen“ auf Skippers.tv

** www.alayat3.com

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