Text: Pierre-Antoine Preti
Diesen Herbst haben sich die sechs Cup-Teams zum Kräftemessen auf den AC40-Jachten getroffen. Die Vorrunde in Dschidda bei viel Wind hielt, was sie versprach, jene in Vilanova war ein Schlag ins Wasser. Auf identischen Booten stellte Team New Zealand eindrücklich seine Überlegenheit unter Beweis. Alinghi Red Bull Racing segelte konstant, beging aber noch zu viele Fehler.
Mit ihrem Entscheid, die Vorregatten auf den One-Design-Booten AC40 auszutragen, haben uns die die Organisatoren des 37. America’s Cups vergangenen Herbst ein Geschenk gemacht. Abgesehen von einigen wenigen Ausnahmen liegt das Regattieren auf Einheitsjachten nämlich nicht in den Genen der AC-Cracks. Die kleinen Foiler wurden vom Veranstalter für die beiden ersten Vorrunden segelfertig zur Verfügung gestellt. Anschliessend kommen sie noch als Test- und Trainingsboote sowie am Youth und Women America’s Cup zum Einsatz. Die dritte und letzte Vorregatta im kommenden Frühling wird dann auf den grossen AC75 ausgetragen.
In Dschidda und Vilanova konnte man sich einen ersten Eindruck von den Qualitäten der einzelnen Teams in Bezug auf Taktik, Strategie und Startprozedere verschaffen. Der Cup-Defender Emirates Team New Zealand musste sich in Saudi-Arabien zwar gegen Italiens Luna Rossa und in Spanien gegen American Magic zur Wehr setzen, gab aber dennoch unmissverständlich den Ton an.
Die Schweizer in Lauerstellung
Alinghi Red Bull Racing (ARBR) lauert auf dem dritten Platz. Der Schweizer Newcomer überzeugte durch eine starke Leistung mit viel Konstanz, musste aber immer wieder Anfängerfehler ausbügeln, die ihn zurückwarfen. Die «Big Four» mit Arnaud Psarofaghis und Maxime Bachelin am Steuer sowie Bryan Mettraux und Yves Detrey am Trimm dürfen sich keine Patzer mehr leisten, wenn sie auf Augenhöhe mit den Besten segeln wollen. Trainer Pietro Sibello ist jedoch zuversichtlich. Die Schweizer hätten bei den Starts und in Bezug auf die Bordkommunikation viel hinzugelernt, so der Italiener.
Die Vorrunde in Dschidda vom 29. November bis 2. Dezember endete mit dem souveränen Sieg der Kiwis bei schönem Nordwestwind zwischen 16 und 20 Knoten. Die Amerikaner und Franzosen konnten in Saudi-Arabien nicht mitreden, zu sehr hatten sie mit technischen und taktischen Problemen zu kämpfen. Sie mussten das Feld der jungen italienischen Mannschaft von Luna Rossa überlassen. Der erst 19-jährige Steuermann Marco Gradoni beeindruckte durch seine Regelmässigkeit, sein Tempo und seine Gelassenheit. Ihm unterlief im Finalduell nur ein einziger, aber fataler Fehler: Er wurde bei der Ausfahrt aus dem letzten Tor brutal ausgebremst und musste die Kiwis ziehen lassen.
Auftakt im strömenden Regen
Nach einer mehrjährigen Pause hatte der 37. America’s Cup zweieinhalb Monate vorher in einem Vorort von Barcelona begonnen. Vom 14. bis 17. September sollten in Vilanova die ersten Vorregatten des 37. America’s Cup im grossen Rahmen gefeiert werden. Der Hafen wurde mit entsprechend viel Aufwand hergerichtet. Es gab ein Regattadorf, Grossbildschirme am Strand und Superjachten, die Spalier standen. Alle Voraussetzungen für ein gelungenes Fest waren vereint. Man hatte sich einen kleinen Vorgeschmack auf den grossen Showdown im kommenden Herbst erhofft, doch daraus wurde nichts.
Leider war der Auftakt ein Schlag ins Wasser. Schuld daran war das Wetter. Am Freitag goss es wie aus Kübeln und die durchziehende Kaltfront sorgte das gesamte Wochenende für Turbulenzen. Obwohl die zum Abheben der Foiler erforderlichen 8 Knoten nicht immer erreicht wurden, startete die Wettfahrtleitung fünf Schwachwind-Regatten, an denen die AC40 ihre Foils hinterherschleppten. An Deck versuchten die Crews wie auf unseren Binnenseen den Bootstrimm zu korrigieren. Wer es schaffte, den Rumpf zuerst aus dem Wasser zu heben, ging jeweils als Sieger hervor.
Überraschende Franzosen
Bei diesen doch sehr speziellen Bedingungen setzte sich im ersten Lauf zur allgemeinen Überraschung Orient-Express durch. Quentin Delapierres Team, das mit seiner Vorbereitung mit nur «zwölf Tagen Training auf dem Wasser» stark in Verzug war, legte eine erstaunliche Qualität an den Tag. Der französische Olympionike hat auf Paris 2024 verzichtet, damit er sich auf den SailGP und den America’s Cup konzentrieren kann. Für ihn war die Entscheidung eine Zerreissprobe. «Ich konnte unmöglich alles unter einen Hut bringen», bedauert er.
Alinghi Red Bull Racing bleibt am Ball. In Spanien legten die Schweizer gute Starts hin und die sind auf Foilern oft matchentscheidend. «Der Teamzusammenhalt ist gut», verriet Arnaud Psarofaghis. Im zweiten Lauf verpasste ARBR den Sieg nur knapp. Ihm gelang als einzigem Team ein fliegender Start, der ihm zu einer Runde Vorsprung verhalf. Auf der letzten Bahn knallte die Jacht bei einem misslungenen Manöver aufs Wasser und machte die Schweizer Hoffnungen zunichte. Team New Zealand liess sich nicht zweimal bitten und preschte ineiner erneuten Machtdemonstration dem Ziel entgegen.
Alinghi mit gestutzten Flügeln
Am Sonntag startete die Wettfahrtleitung drei Läufe. Im letzten Rennen wurden der AC40 von ARBR aufgrund eines elektrischen Problems im Foilsystem die Flügel gestutzt. Dazu muss man wissen: Nur die Organisatoren haben das Recht, das vermessene System zu reparieren. Da sie aber nicht schnell genug reagierten, konnten die Schweizer nicht starten. Silvio Arrivabene war ausser sich: «Ich verstehe, dass man es wegen der Fernsehübertragung eilig hat, aber wenn man nicht richtig regattieren kann, ist das nicht fair», tobte der Co-General Manager von ARBR.
Alinghi Red Bull Racing klassierte sich durch diesen Zwischenfall deutlich hinter seinen Möglichkeiten und musste sich in der Gesamtwertung mit einem 5. Platz begnügen. Ohne die ungerechte Behandlung im letzten Lauf wäre das Syndikat vermutlich 3. geworden. Das Finale zwischen den Kiwis und American Magic war ein Flop. Da der Wind schon kurz nach dem Start einschlief, musste das Rennen abgebrochen werden. Nach zehnminütiger Warterei wurden dann die knapp vorne liegenden Amerikaner zum Sieger erklärt. Der Zielschuss verkündete das Ende eines traurigen Regattawochenendes.
Die Vorregatten dienten den Teams zur Standortbestimmung, denn die Ergebnisse werden nicht angerechnet. Alle Beteiligten konnten wertvolle Informationen sammeln. Andrea Emone, Racing Data Analyst bei ARBR bestätigt: «Ein Grossteil der gesammelten Informationen hilft uns beim Bau und der Optimierung des grossen Bootes.» Die Veranstalter konnten bei den Vorrunden ein interessantes Event-Format testen, dessen Regeln und Übertragung denen des SailGP sehr ähnlich sind. Grant Dalton, CEO des 37. America’s Cups, verfolgte alle Regatten an Bord der Begleitboote mit. Ernesto Bertarelli tat es ihm gleich. Er wurde von Brad Butterworth, dem ehemaligen Alinghi-Skipper und jetzigen Berater, und seinem gesamten «historischen» Team begleitet.