Die Jubiläumsausgabe der traditionsreichen Langstreckenregatta auf dem Bodensee stand nach der coronabedingten Verschiebung auf den Herbst unter keinem guten Stern. Von morgens früh bis spätabends wartete das grosse Teilnehmerfeld vergeblich auf Wind. Nur sieben der 235 gestarteten Boote kamen ins Ziel, als Erster Ralph Schatz auf seinem SL33-Kat Orange Utan.

Text: Walter Rudin
Fotos: Jürg Kaufmann

Die Bol d’Or konnte im Juni ihr Comeback feiern. Ihr Pendant am Bodensee, die Rund Um, wurde zum zweiten Mal Opfer der strengen Coronaauflagen der deutschen Behörden und musste auf Ende September verschoben werden. Da im Herbst die Nächte deutlich länger sind, wurde die Jubiläumsausgabe ausnahmsweise als Tagregatta ausgetragen. Der Start erfolgte morgens um sieben Uhr vor Lindau. Für die grossen Schiffe führte der Kurs über Romanshorn nach Konstanz und wieder zurück. Für die kleineren Boote galt die Wendemarke in Romanshorn. Es war ein idyllischer Herbstmorgen, Nebelschwaden über dem See liessen die aufgehende Sonne in mysteriösem Licht erscheinen. «Ein einmaliges Erlebnis mit einem beindruckenden Sonnenaufgang», twitterte Pressefotograf Jürg Kaufmann über die Startszene. Was dann folgte, war allerdings weniger bewegend. Der morgendliche Nebel verhinderte, dass eine brauchbare Thermik entstand. Und ohne Sonneneinstrahlung gab es bei diesem Hochdruckgebiet praktisch keinen Wind. Es kam zu einer nervenzehrenden Flautenregatta.

Sieg für Ralph Schatz

Trotzdem waren sehr viele Seglerinnen und Segler froh, dass der einzigartige Event auf dem Bodensee endlich wieder stattfinden konnte. Sie nutzten die Flaute, um alte Freundschaften zu pflegen. Die ambitionierten Teams taten sich schwerer damit. «Das war nervenaufreibend, die ganze Zeit mussten wir Manöver fahren», meinte der Sieger Ralph Schatz vom organisierenden Lindauer Segelclub. Er brauchte mit seinem Katamaran Orange Utan 12 Stunden, 10 Minuten und 24 Sekunden für die rund 70 Kilometer lange Strecke. Lange Zeit hatte der ORC-Einrümpfer Wild Lady, eine Wilke49, von Wolfgang Palm geführt, sie wurde aber auf dem Rückweg nach Lindau von den Katamaranen abgefangen. Als einziges Schweizer Boot schaffte es der M2 Sonnenkönig von Armin Schmid noch rechtzeitig vor dem Zeitlimit ins Ziel.

Frustrierte Regatteure

Alle anderen Boote hatten aufgegeben oder das Limit verfehlt. So auch Sammy Smith von Segelclub Arbon auf seinem Ventilo28 Green Horny, der sich nach der Regatta gar nicht zufrieden zeigte: «Die diesjährige Rund war ein grosser Flop. Das begann schon bei der Wahl des Verschiebedatums. In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass der Herbst bezüglich Wind tot ist, da hätte man mindestens für die schnellen Boote eine Bahnabkürzung in Betracht ziehen sollen.» Seine Green Horny war beim Start mit Verzögerung weggekommen, hatte dann aufgeholt und lag zeitweise sogar in Führung, bevor sie wieder in der Flaute parkierte. «Die Windrichtungen kamen vom Zauberland und der Nebel nahm überhand», meinte Smith poetisch. Bis nach Konstanz kämpfte er sich durch, auf dem Rückweg bewegten ihn die Vernunft und der Hunger schliesslich zum Aufhören. Höchste Zeit für eine Pizza! Eric Monnin, der nach seinem Beinahe-Sieg mit der Monofoil Gonet an der Centomiglia auf dem Gardasee neue Motivation für Langstreckenregatten getankt hatte, wollte sich diesen Frust ersparen. Er reiste erst gar nicht an. «Die Wettervorhersage war derart eindeutig. Bei solchen Bedingungen haben wir keine Chance, deshalb haben wir auf den Start verzichtet», so Monnin. Die Destination Bodensee ist für ihn trotzdem nicht abgehakt: «Wir halten nicht nur auf dem Genfersee Ausschau nach einem Rekord. Wenn es im Herbst auf dem Bodensee nochmals eine starke Bise gibt, möchte ich an der Speed Challenge (siehe Kasten) die Zeit von Fritz Trippolt unterbieten. Wir könnten das unter 75 Minuten schaffen.»

Hoffnung auf 2022

Nächstes Jahr soll die Rund Um endlich wieder im traditionellen Rahmen durchgeführt werden, mit Start am Freitagabend nach Fronleichnam, das wäre am 17. Juni 2022. Bleibt zu hoffen, dass Corona bis dahin unter Kontrolle ist und auch der Wind ein Einsehen hat. Verdient hätten das die geplagten Seglerinnen und Segler am Bodensee allemal, nirgendwo sonst wurden Wassersportler durch Coronamassnahmen so stark eingeschränkt wie hier.

Speed Challenge Bodensee

Wer durchfährt die gesamte Länge des Bodensees am schnellsten? Die neue Herausforderung richtete sich an schnelle Racer, Katamarane ab 7,5 Meter Länge, Foilingboote ab 6,80 Meter und grosse Jachten bis Yardstick 85. Das Race, ein «halbes blaues Band» führte von einem Seeende zum anderen, von Bregenz/Lochau nach Kreuzlingen/Konstanz oder umgekehrt, die Richtung konnte frei gewählt werden. Fritz Trippolt nutzte im Juni mit seinem Decision35 Skinfit ein ideales Wetterfenster bei starker Bise und schaffte die rund 45 Kilometer lange Ost-West-Überquerung des Bodensees in 75 Minuten. Einige Herausforderer mussten danach wegen Unwetterwarnungen auf geplante Versuche verzichten.