Die Initianten der Star Sailors League (SSL) wollen Topsegler vermehrt ins Rampenlicht rücken und richten daher einen Nationenwettbewerb nach dem Modell der Fussball-WM aus. Um das Konzept und die damit verbundenen Herausforderungen besser zu verstehen, sind wir mit der künftigen Schweizer Delegation unter der Leitung von Eric Monnin gesegelt.

Text: Quentin Mayerat

Wie an einer Fussball-WM machen am SSL Gold Cup Nationenteams aus je elf Mitgliedern einen Weltmeister unter sich aus. Zugelassen sind dabei alle Mitgliedsländer des Weltseglerverbands World Sailing. Ebenfalls wie an einer Fussball-WM treten die aktuell besten Athleten an. Möglich macht diese Starparade die Unterstützung der Organisatoren, die Boote, Infrastruktur und Logistik bereitstellen.

Segeln auch für Laien attraktiv machen

Wir treffen uns in Grandson am Neuenburgersee, im Hauptquartier der SSL, nur hundert Me- ter vom späteren Austragungsort des SSL Gold Cups 2021 entfernt. Eric Monnin begrüsst 18 Schweizer Topsegler. Die neue Nr. 1 im Match Race startet das Wochenendbriefing und stellt kurz das SSL-Projekt vor: «Im Segelsport gibt es unglaublich viele Anlässe und Klassen. Da- durch wird er für Laien unübersichtlich und unverständlich. Unsere Idee besteht darin, am Beispiel der Fussball-WM einen internationalen Teamwettbewerb auf die Beine zu stellen.» Am Tisch sitzt das Who’s who des Schweizer Segelsports: die Olympionikin Nathalie Brugger, die früheren Mitglieder von Team Tilt Jocelyn Keller und Florian Trüb, Maxime Bachelin und Morgan Lauber vom Eleven Sailing Team, der Administrator des CER Nelson Mettraux, der Segelmacher Arnaud Gavairon, die talentierten Guillaume Girod und Victor Casas und viele andere Cracks. Bis 2021 werden 47 weitere Nationalmannschaften im SSL-Hauptquartier in Grandson vorstellig werden, an Team- building-Anlässen teilnehmen und auf den SSL47, den Einheitsbooten der SSL, trainieren. Kroatien, die Türkei, Frankreich, Estland, Spanien, Schweden und Portugal haben diesen Teil der Übung bereit absolviert. Im westlichen Teil des Neuenburgersees war diese Saison entsprechend viel los, denn die Teams verbrachten insgesamt 72 Tage auf dem Wasser!

Nur die Besten kommen in die Auswahl

Bis einen Tag vor unserem Besuch hatten die meisten anwesenden Schweizer Segler noch nie einen SSL47 zu Gesicht bekommen. «Für uns ist das alles Neuland», bestätigt Teamchef Eric Monnin. Er will da- her etappenweise vorgehen: «In einem ersten Schritt möchten wir die Schweizer Seglerinnen und Segler zusammenbringen und Teamgeist aufbauen. Die aufgebotenen Segler haben aber keine Garantie, dass sie in die Endauswahl aufgenommen werden. Ich habe mehr als 40 Seg- ler kontaktiert. Neun werden auf dem Boot sein und zwei auf der Er- satzbank.» Guillaume Girod von der Genfer Société Nautique lässt sich durch diese Ungewissheit nicht die Laune verderben. Er geniesse die Erfahrung, betont er: «Ich kann in der Schweiz, also praktisch vor der eigenen Haustür, auf grossartigen Booten mit hervorragenden Seglern regattieren, das allein ist schon fantastisch.» Tatsächlich sind die SSL47 richtige Rennbiester mit viel Segelfläche und sehr feinem Unterwasser- schiff, perfekt also für die Verhältnisse auf den Seen, wenn man einmal den für den Hafen von Grandson grenzwertigen Tiefgang ausnimmt. Sie fordern von den Teams viel körperlichen Einsatz und präzises Segeln.

Internationales Ranking

Wer zur Nationalelf gehören will, muss sich mächtig ins Zeug legen. Teamchef Monnin kann nur einen Teil der Seg- lerinnen und Segler selbst auswählen. Fünf Teammitglieder qualifizieren sich über das von SSL eingeführte internatio- nale Ranking. Die SLL trägt alle Ergebnisse aus rund dreissig Bootsklassen (5mR, Nacra, TP52, Finn, 49er, Soling, Star, Moth, Drachen usw.) zusammen, wobei die Resultate lo- kaler Regatten ebenso erfasst werden wie die regionaler, nationaler und internationaler Anlässe, America’s Cup und Olympia eingeschlossen. Damit sich die Leistungen klassenübergreifend vergleichen lassen, erhalten die Segler für jedes Ergebnis abhängig vom Niveau (lokal, EM, WM) Punk- te, die dann zusammengezählt das für einen festgelegten Zeitraum gültige Ranking ergeben. Für die Skipper und die Crewmitglieder werden zwei separate Ranglisten erstellt. Würde der Star Sailors League Gold Cup morgen stattfinden, wären anhand dieses Rankings folgende Schweizerinnen und Schweizer selektioniert: Nils Theuninck als Steuermann (141. Platz und bester Schweizer der 27 014 klassierten Skipper), Bernard Haissly und Jürg Menzi (5mR), die frisch

gebackene Weltmeisterin im Laser 4.7 Anja von Allmen und Christoph Burger als bester Schweizer der 18 163 klassierten Crewmitglieder.
Wer sich qualifizieren möchte, hat also zwei Möglichkeiten: Entweder, er gewinnt das Vertrauen des Teamchefsoder er regattiert möglichst oft auf Topniveau und liefert dort auch ab. Die Vorarbeiten der Schweizer Nationalmannschaft haben unterdessen bereits begon- nen. Trainiert wird in der Regel mit zwei Booten. Dadurch entstehen spannende Match-Race-Situationen – Eric Monnin ist nicht umsonst die Weltnummer 1 der Disziplin – und enge Bojenmanöver, die den Seglern grossen Einsatz abverlangen. Bei den Seglern löst das Projekt grosse Begeisterung aus, wie Routinier Arnaud Gavairon bestätigt: «Veteranen wie ich haben so die Möglichkeit, junge Talente kennenzulernen, das sorgt für eine super Stimmung.» Bis 2021 möchte die SSL mithilfe von massiven Marketingmassnahmen ihr Ziel er- reichen, die Öffentlichkeit für diese Segel-WM zu begeistern und die Segler ins Rampenlicht zu stellen. Wir drücken die Daumen, denn die Segelgemeinschaft auf der ganzen Welt würde davon profitieren.