Text: Vincent Gillioz

Die Technologie der elektrischen Bootsmotoren steckt noch in den Kinderschuhen, birgt aber je nach Anwendungszweck grosses Potenzial. Skippers Motor hat das aktuelle Angebot unter die Lupe genommen.

Automotoren stecken bereits mitten im Umbruch, den Bootsmotoren steht die Revolution hingegen noch bevor. Hybrid- und Elektroautos sind keine Randerscheinung mehr, auch wenn der Anteil der sogenannten «alternativen Fahrzeuge» in absoluten Zahlen relativ niedrig ist. 2018 hatten 1,8 Prozent der verkauften Neuwagen einen Elektro- und 5 Prozent einen Hybridantrieb. Bei 300 000 Neuwagenverkäufen pro Jahr sind diese Zahlen durchaus interessant, machen aber gleichwohl nur einen Bruchteil der mehr als sechs Millionen zugelassenen Autos in der Schweiz aus.

Spezifische Anwendungen

Im Wassersport ist dieser, wenn auch zögerliche, Trend noch Wunschdenken. Der Markt der elektrischen Bootsmotoren ist sowohl absolut als auch relativ verschwindend klein. Das liegt zum einen an dem begrenzten Bestand von rund 60 000 Motorbooten in der Schweiz, zum anderen an den physikalischen Einschränkungen dieser Antriebsart. In einigen Nischensegmenten sind Elektromotoren aber dennoch im Kommen.
Das in Yvonand ansässige Unternehmen Grove Boats hat den Gesinnungswandel erkannt und investiert seit zehn Jahren in Elektroantriebe. Es hatintensiv an elektrosolaren Passagierschiffen gearbeitet, darunter dem Aquabus, der in der Schweiz, in Deutschland, Frankreich und in Ita- lien verkehrt. Trotz dieses Erfolgs glaubt sein Direktor Guy Wolfensberger nicht, dass sich Elektromotoren in absehbarer Zeit auf breiter Ebene durchsetzen: «Der Markt ist relativ klein und kaum wirtschaftlich», gibt er zu bedenken. «Das grösste Problem ist die Speicherung der Energie. Sie setzt schwere Geräte voraus und ist kostenintensiv. Um zu beurteilen, ob sich eine Umstellung auf einen Elektroantrieb lohnt, muss man die Kosten über zehn Jahre berech- nen.» Nach seiner Einschätzung bieten sich gewisse Einsatzbereiche aber geradezu an: «Klei- ne Charterboot-Flotten für Spazierfahrten eignen sich besonders gut. Die Motorwartung ist weniger aufwendig, die Energie günstig und die Nutzungsdauer erhöht die Rentabilität. Aus den gleichen Gründen sind Elektromotoren auch für Segelcharter eine gute Lösung. Bei mehreren Anbietern wie zum Beispiel Sailbox hat das Umdenken bereits stattgefunden. Die ersten Schweizer Taxiboote seien noch mit Bleibatterien ausgestattet gewesen, erzählt der Elektro-Fachmann. «Mit dem Aufkommen von Lithium-Batterien hat sich die Situation in Bezug auf Gewicht, Speicherung und auch Kosten geändert. Der Batteriesatz nimmt aber exponentiell mit der Motorleistung zu. Da läppert sich einiges zusammen und das kann ab- schreckend wirken.»

Eine Geldfrage?

Es gibt aber Hersteller, die lassen sich von diesen Schwierigkeiten nicht beeindrucken und bieten Boote im Premium-Segment mit elektrischem Antrieb an. Portier-Yachts am Zürichsee zum Beispiel hat an der SuisseNautic in Bern die Runabout Carbon des deutschen Herstellers SAY29E präsentiert. Sie ist mit dem Tesla vergleichbar und könnte bei einer exklusiven Kundschaft durchaus Gefallen fin- den. Die knapp neun Meter lange Jacht richtet sich klar an innovationsliebende, kaufkräftige Bootsliebhaber, für die Geld keine Rolle spielt. Sie kostet nämlich happige 450 000 Franken. Dafür ist sie mit einem Motor ausgestattet, der es auf fast 500 PS (360 kW) bringt, theoretisch vier Stunden lang mit 20 Knoten cruisen kann und laut Angaben des Herstellers eine Höchst- geschwindigkeit von 60 Knoten erreicht. Die verbaute Energie hat aber dennoch ihre Grenzen. Gewicht und Rumpf wurden zwar stark optimiert, die Batteriekapazität ist aber auf 120 kWh begrenzt, was für Tempofreaks doch ziemlich einschränkend sein kann.
Mit der Q30 hat die Zürcher Werft ein weiteres E-Boot im Angebot. Es wird in Finnland hergestellt und ist eindeutig auf Spazierfahrten ausgelegt. Mit einer Fahrtgeschwindigkeit von 9 Knoten hat es gemäss Hersteller eine Reichweite von 40 bis 80 Seemeilen. Marcel Bosshard, der Verkaufsleiter bei der Yachtwerft Portier AG, sieht das Potenzial solcher Produkte realistisch. Er erwartet kurzfristig keine Revolution: «Wir wissen um die hohen Preise, dennoch gibt es durchaus eine Kundschaft für diesen Bootstyp. Wir hoffen natürlich, dass der Marktanteil wächst, aber ich glaube, dass wir uns erst in der Übergangsphase befinden. Wenn die Verkäufe zunehmen sollen, müssen die Energiespeicherung, der Preis der Batterien und ihre Laufzeit verbessert werden.»

Zukunftsperspektiven

Konsens herrscht in der Fachwelt darüber, dass sich der Markt der Elektroboote nur weiterentwickeln kann, wenn Fortschritte bei der Brennstoffzelle erzielt und die Häfen mit geeigneten Ladestationen ausgestattet werden. Das war bereits bei den Autos so und wird auch bei den Booten nicht anders sein. In den Schweizer Häfen fehlt ein solches Angebot derzeit praktisch ganz. Die Q30 kann über einen herkömmlichen 220V-Anschluss aufgeladen werden, nicht so die SAY29E. Sie benötigt einen 380V-Anschluss mit 36A, was in einem Land, in dem die Stege über keinen Stromanschluss verfügen, ein grosses Problem sein dürfte. Der Hafen von Monaco ist der Schweiz in dieser Hinsicht einen grossen Schritt voraus. Er hat im Mai eine High-Performance-Ladestation für E-Boote in Betrieb genommen. Bis es hierzulande so weit ist, dürfte noch geraume Zeit vergehen.
Wie stark sich Elektromotoren durchsetzen können, hängt auch massgeblich von der Gesetzgebung ab. Einige Länder haben bereits drastische Massnahmen getroffen. In Italien und Österreich wurden Verbren- nungsmotoren auf mehreren Seen verboten. Bootsbesitzer haben also keine Wahl.
Steuertechnisch müsste ebenfalls noch einiges gehen. Marcel Bosshard bedauert, dass keine Anreize geschaffen werden, mit denen die Bootsbesitzer zum Umdenken angehalten werden, wie das bei den Autos der Fall ist. «Ich glaube nicht, dass sich so schnell etwas ändern wird. Po- litisch haben wir weder in Bern noch auf Kantonsebene Gewicht, um etwas zu bewirken. Dafür ist der Markt viel zu klein.»
Doch auch ohne Steueranreize könnten die Zuverlässigkeit von Elektromotoren, der geringe Wartungsaufwand und der Rausch von ge- räuschlosen Tempofahrten Bootsfahrer mit dem nötigen Kleingeld zum Umsteigen veranlassen. Die Frage ist nicht mehr, ob der elektronische Wandel auf den Booten stattfindet, sondern vielmehr wann.