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Der 38. America’s Cup in der Findungsphase

von Pierre-Antoine Preti

Die Royal Yacht Squadron von Cowes wurde zum zweiten Mal zum Challenger of Record ernannt. Grant Dalton, der Chef des neuseeländischen Defenders, möchte mehr Regatten organisieren. Zwischen Barcelona und den Veranstaltern herrscht dicke Luft. Die Challenger warten ihrerseits auf Details zum Format, Termin und Austragungsort des Wettkampfs.

In der Schweizer Politik wird der Vorabend der Bundesratswahl als «Nacht der langen Messer» bezeichnet. Spekulationen haben Hochkonjunktur, die Gerüchteküche brodelt. Im America’s Cup geht es derzeit ähnlich zu, nur dauert die Nacht mehrere Wochen oder sogar Monate. Daran hat sich in den letzten 173 Jahren nichts geändert. Seit Ende Oktober ist Warten angesagt, über das Wie und Wo der 38. Auflage herrscht Ungewissheit. Bei Redaktionsschluss stand weder der Austragungstermin noch das Format fest. Die neuseeländischen Sieger müssen sich erst sammeln, bevor sie sich an die Organisation des nächsten Cups machen.
Für diese Organisation braucht es einen Challenger of Record. Wenige Minuten nach ihrem Sieg hat die Royal New Zealand Yacht Squadron die Herausforderung der Royal Yacht Squadron von Cowes angenommen. Der Jachtclub von Ineos Britannia wird also erneut zusammen mit den Kiwis das Protokoll verfassen, das die allgemeinen Wettkampfregeln festlegt. Die Briten hätten ähnliche Ansichten wie der Defender, sagte Grant Dalton. Das dürfte für Kontinuität, das heisst ein ähnliches Format sorgen wie bei der 37. Ausgabe und möglicherweise die Organisation der nächsten Austragung beschleunigen.

Die AC75 ist fast ausgereift

Emirates Team New Zealand hat mit seinen drei Siegen Geschichte geschrieben. Ihre wendigere Taihoro-Jacht war der voluminöseren und hochtechnisierten Britannia deutlich überlegen und fügte ihr mit einem 7:2-Kantersieg eine empfindliche Niederlage zu. Doch wie lange die Neuseeländer diesen Vorsprung halten können, ist fraglich. Beim ihrem zweiten Wettkampf war nämlich klar zu erkennen, dass sich die Jachten tempomässig immer mehr annähern. Beim dritten Einsatz der AC75 dürften die Abstände weiter schrumpfen, was den Cup sportlich attraktiver machen wird.
Grant Dalton hat sich öffentlich für eine schnelle Rückkehr aufs Wasser ausgesprochen, die Vorrunden sollen schon nächstes Jahr starten. Damit entspricht der Defender dem Wunsch der Challenger nach mehr Teams und mehr Regatten (siehe Skippers Nr. 93).

BEREITS DIE VORSTARTPHASEN
WAREN HART UMKÄMPFT. ©Iam Rom

Eine Frage des Geldes und des Herzens

Wo der Cup stattfinden wird, ist nicht bekannt. Die Organisatoren haben lediglich ein paar wenige Hinweise durchsickern lassen. In einer Pressemitteilung vom 23. Oktober war von «2,56 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauern zwischen dem 22. August und dem 17. Oktober 2024» die Rede. Eine an sich sehr positive Bilanz, die vom Publikum jedoch nicht geteilt wird. Tatsächlich waren die öffentlichen Bereiche nur schwach besucht, die Zahl der Zuschauerboote liess zu wünschen übrig und der Unmut der Bevölkerung von Barcelona über den Overtourism nicht zu überhören. Unter diesen Umständen wird der Cup wohl kaum nach Barcelona zurückkehren. Dass es beim einmaligen Gastspiel bleiben dürfte, zeigt auch Grant Daltons Aussage. «Es wäre schwierig, die Anzahl der Teams mit der verfügbaren Infrastruktur zu erhöhen», meinte er. Zwischen Barcelona und den Kiwis hängt der Haussegen schief, die Misstöne werden immer lauter. Die katalanischen Behörden und die Geschäftsleitung des Port Vell sollen unzufrieden sein. Sie hätten nicht das bekommen, wofür sie bezahlt hätten, so die Kritik. Die Rede ist von Investitionen in Höhe von 70 Millionen Franken! Nochmals ein solches Budget aufzubringen ist unrealistisch. Genau das wird aber vermutlich für die Wahl der Gaststadt ausschlaggebend sein. Diesbezüglich hat Dschidda gewichtige Argumente. Angeblich sind die Saudis bereit, 100 Millionen Euro einzubringen. Eine stattliche Summe, wobei die geopolitische Lage im Nahen Osten nicht allen Challengern behagt.
Auckland kann finanziell zwar nicht mithalten, fordert aber trotzdem die Rückkehr des Cups nach Neuseeland. Die Debatte birgt Zündstoff. Natürlich schlägt das Herz des Defenders für Auckland, gleichzeitig kennt er die Probleme von Regatten Down Under: Die Sendezeiten sind für Europa und die USA unattraktiv, der Defender bringt dort nicht das nötige Geld auf und das Publikum nimmt die weite Reise nicht auf sich. Eine schwierige Entscheidung also.

Ende Oktober tauchte in den Diskussionen der America’s Cup Community ein neuer Name auf:Valencia. Die von den Schweizern für die 32. Ausgabe geschaffene Infrastruktur soll, so das Gerücht, für den 38. Cup in Betracht gezogen werden. Ironie des Schicksals: Dort erlitten die Kiwis 2008 eine herbe Niederlage. Die Darsena, die vom AC Management in Port America’s Cup umbenannt wurde, könnte ihren Betrieb wieder aufnehmen. Kanal, Hafen und ein Grossteil der zwölf Basen von damals sind noch vorhanden. Die Teams könnten zudem in der «Marina Sur» ausserhalb des Hafens untergebracht werden. Doch auch hier müsste man mit den örtlichen Behörden eine finanzielle Einigung finden.

Schweizer Team im Stand-by

Und wo steht Alinghi Red Bull Racing? Das Schweizer Team wartet wie alle anderen Challenger auf die Veröffentlichung des Protokolls. Die Verträge der meisten Mitarbeitenden sind ausgelaufen. Grundsätzlich steht einer weiteren Zusammenarbeit mit Red Bull nichts im Weg, denn sie wurde für mindestens zwei Ausgaben vereinbart.

Allerdings ist das BoatOne in einem schlechten Zustand. Es wurde bei der Kenterung am 29. September am Foilsystem und an der Struktur stark beschädigt. Nichts, was nicht repariert werden könnte, aber der Aufwand ist gross und die Arbeiten werden mehrere Wochen in Anspruch nehmen.
Für das Schweizer Syndikat geht es jetzt erst einmal darum, die Lehren aus dieser ersten Teilnahme zu ziehen. Es muss sich sportlich weiterentwickeln und verstärkt auf Foilern trainieren. Da kommt die vielleicht erfreulichste Nachricht dieses Herbstes gerade recht: Arnaud Psarofaghis, Bryan Mettraux und der junge Arno de Planta stossen zum Switzerland SailGP Team unter der Leitung von Sébastien Schneiter. Sie werden am 23. und 24. November in Dubai ihren Einstand geben. Wir freuen uns darauf, die Entwicklung dieses neuen Teams auf dem höchsten Niveau des internationalen Segelsports mitzuverfolgen.

Nächster America’s Cup in drei Jahren

Anstelle des mit Spannung erwarteten Protokolls wurde am 8. November eine Notice of Challenge veröffentlicht. Darin präzisieren die Veranstalter die Rahmenbedingungen der 38. Ausgabe, die «in drei Jahren» stattfinden soll. Die Nationalitätenregel wird beibehalten, ebenso die Bauvorschriften für die AC75. Die Teams dürfen je ein Boot bauen. In den nächsten zwölf Monaten ist es ihnen nicht erlaubt zu segeln, es sei denn, in dieser Zeit findet eine Vorregatta statt. Die Organisatoren haben ihre Absichts bekräftigt, die Zahl der Wettkämpfe durch Match-Race- und Flottenregatten zu erhöhen. Diese sollen sowohl auf AC40- als auch auf AC75-Jachten gesegelt werden. Der Youth und der Women’s America’s Cup werden fortgesetzt. Der Austragungsort soll spätestens acht Monate nach dem Ende des Matches der 37. Ausgabe bekannt gegeben werden. Im Juni wissen wir also mehr.

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