Obwohl der Segelsport für Sponsoren eigentlich eine attraktive Plattform ist, scheitern Kampagnen ambitionierter Seglerinnen und Segler häufig mangels finanzieller Unterstützung. Nur gutes Lobbyieren führt zum Erfolg.

Text : Walter Rudin

Wer im Spitzensport erfolgreich sein will, braucht nicht nur optimales Training mit den besten Coaches, Mental- und Konditionstrainern. Neben hervorragendem Material sind auch gute Logistik und Unterkünfte nötig. Das alles kostet viel Geld, das irgendwie aufgebracht werden muss. Staatliche Unterstützung in Form von Sporthilfe oder Lotteriefonds ist sehr wichtig, genügt aber leider nicht. Sportverbände und Clubs können oft keine Einzelsportler finanzieren. Die Athleten sind auf eigene Sponsoren angewiesen. Eigentlich ist Segeln eine faszinierende Sportart, die viele positive Werte vermittelt: Emotionen, Leidenschaft und Teamgeist sowie Verbundenheit mit den Elementen Wind und Wasser. Offshore-Regatten wie das Ocean Race, die Vendée Globe oder der Sail GP haben in den letzten Jahren weltweit stark an Popularität gewonnen und sind daher für Sponsoren interessant geworden. Sie sind nicht zuletzt deshalb so beliebt, weil dank der technologischen Übertragungsmöglichkeiten wie OnBoard-Kameras hautnah und sehr eindrucksvoll vermittelt werden kann, welchen Naturkräften die Segelprofis und das Material ausgesetzt sind. Ganz oben steht der America’s Cup mit Budgets von 100 bis 250 Millionen Franken pro Rennstall. Hier lassen sich leicht Sponsoren finden, der Cup ist ein mediales Highlight.

Das Huhn-Ei-Problem

Für angehende Olympioniken ist es schwieriger, Geld durch Sponsoring aufzutreiben. Olympische Medaillen sind zwar sehr prestigeträchtig, die Regatten der traditionellen Klassen aber weit weniger spektakulär. Problematisch wird die Beschaffung für Ambitionierte, die noch relativ unbekannt sind. Gescheiterte Kampagnen aus Mangel an finanziellen Mitteln liessen sich viele aufzählen.

Für die Sponsorensuche ist Publizität absolut prioritär. Die stellt sich allerdings nur mit guten Resultaten ein – und die sind ohne den nötigen finanziellen Background praktisch unmöglich. Was kommt zuerst, Erfolg oder Sponsor? Ein Dilemma oder Teufelskreis für alle, die eine Segelkarriere anstreben.

Auf den Optimisten trainieren bereits Zwölfjährige professionell. Wer hier zur Top-Elite gehört, muss ganz schön tief in die Tasche greifen. Nicht alle Eltern können oder möchten jährlich 15 000 Franken für den Sport ihres Kindes ausgeben. Einige der jungen Segelnden ergreifen deshalb selber die Initiative, auf Crowdfunding-Plattformen das nötige Geld für ihr Projekt zu sammeln. Für junge Erwachsene genügt das nicht mehr. Sie brauchen ein Konzept und ein koordiniertes Vorgehen. Mit einer Planung, die sich nur nach den zur Verfügung stehenden Mitteln richtet, kommt man unmöglich an die Spitze.

Knochenarbeit Lobbying

Die Finanzierung dieses «all in» gelingt nur mit viel Publizität. Hierzu braucht es Lobbying, das mit viel Arbeit verbunden ist. Voraussetzung dafür ist eine aktive Kommunikation mit dem privaten Umfeld, der Presse und Social Media. Wie das konkret ablaufen kann, hat Anja von Allmen zu Beginn ihrer Laufbahn gezeigt. Als Erstes erstellte sie eine Website, die sie dann laufend aktualisiert und mit neuen Bildern ausgeschmückt hat. «Das war gar nicht so einfach», sagt die U21-Vizeweltmeisterin im ILCA 6. «Leider gibt es nur wenige Fotografen auf dem Wasser. 

Ohne gute Fotos und Videos ist es schwierig, die Faszination des Segelsports zu vermitteln.» Anja hatte das Glück, dass ein Journalist aus ihrer Region hin und wieder in der Lokalpresse über sie berichtete. Als sie einen gewissen Bekannt- heitsgrad erreicht hatte, fing sie an, mögliche Sponsoren anzuschreiben.

Maud Jayet, zweimal Vizemeltmeisterin im ILCA 6 und bereits für Olympia 2024 qualifiziert, gibt folgenden Tipp: «Sponsoren sollte man entweder über Kontakte im privaten Umfeld suchen oder über sehr spezifische Firmen, die eine Beziehung zum Segelsport haben. Wenn es keine Verbindung zum Segeln gibt, klappt es nur selten.»

MAUD JAYET KONNTE DANK IHRER POPULARITÄT GLEICH DREI NEUE SPONSOREN GEWINNEN.
FELIX OBERLE HATTE AN DER MINI-TRANSAT 2023 NOCH VIEL FREIE WERBEFLÄCHE AN SEGELN UND RUMPF.

Durststrecke überwinden

Wer ins Offshore-Segeln einsteigen will, hat es besonders schwer, denn dazu muss zunächst ein Boot angeschafft werden. Felix Oberle, der jüngst mit seinem 4. Platz an der Mini-Transat für Aufsehen gesorgt hat, musste 2018 seine geplante Kampagne abbrechen, weil er keinen Sponsor fand. Erst als er mit eigenem Ersparten selber einen Maxi650 kaufte, konnte er 2023 seinen Traum verwirklichen. Diesen Weg hat auch die neue Transat-Aspirantin Anina Fässler gewählt. «Ohne Boot keine Kampagne» sagte sie sich, kaufte sich einen Mini und zog nach Italien, wo sie sich für die Mini-Transat 2025 qualifizieren will. «Um Sponsoren zu gewinnen, will ich Gegenleistungen bringen, etwa einen Teamevent für die Firma auf dem Boot veranstalten», sagt sie.

Manchmal braucht es auch das Glück des Tüchtigen, wie es Anja von Allmen zuteil wurde. Für die Image-Kampagne von Lexus wurde eine junge Sportlerin aus einer sympathischen Sportart gesucht. Die Agentur wählte den Segelsport und landete zufällig via Google bei Anja. Diese Publicity hat gewirkt – Anja wurde unter anderem für einen Kundenanlass der Mobiliar mit über 400 Gästen eingeladen. Popularität hat auch Maud Jayet geholfen, sie hat mit Balexert, United Orthopedics und Omega kürzlich drei neue Sponsoren gefunden. So kann aus dem Teufelskreis plötzlich ein Engelskreis werden. Und vielleicht hilft ja dieses Jahr eine olympische Medaille oder der America’s Cup, dass der Segelsport in der Schweiz einen höheren Stellenwert erhält.