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Replik
Mit Volldampf voraus!

von Maena Le Gat

Der bekannte Bootsbauer Mayu aus Rolle hat sich auf ein ungewöhnliches Projekt eingelassen: Er will einer dampfbetriebenen Schaluppe aus dem frühen 20. Jahrhundert ihre ursprüngliche Motorisierung zurückgeben.

Text : Vincent Gillioz

Als Jean-Philippe Mayerat alias Mayu beschloss, das 8,5 Meter lange Dampfboot Don Juan wieder flott zu machen, war er sich wohl nicht bewusst, wie viel Arbeit er sich damit aufhalste. Dass die Schaluppe so viel Aufwand verursachte, lag auch an ihrer etwas undurchsichtigen Vergangenheit.

Die Don Juan wurde dem Bootsbauer von einem Kunden vermacht, der zu alt war, um ein solches Vorhaben selbst an die Hand zu nehmen. Mayu erkannte den bootsgeschichtlichen Wert der Schaluppe und beschloss, einen Verein ins Leben zu rufen, der ihm dabei helfen sollte, sie wieder zum Leben zu erwecken. So entstand 2020 die Association Chaloupe à Vapeur. Sie setzt sich einerseits für den Wiederaufbau der dampfbetriebenen Schaluppe nach traditioneller Genfersee-Bauweise ein und hilft andererseits bei der Suche nach den dafür nötigen finanziellen Mitteln. Dem von Laurent Chenu präsidierten Verein gehören rund hundert Mitglieder an. Ein Teil bildet die «Dampfgruppe», die unter der Leitung von Martin Cretegny die schwierige Aufgabe hat, das Boot zu motorisieren.

Kein Standard
Das Projekt sei äusserst komplex, sagt Christophe Berthoud. Er ist ein bekanntes Gesicht in der Genfersee-Regattaszene, segelt in der Meterklasse und gehört der Dampfgruppe an. «Es gibt keinen Dampfmaschinenkatalog für solche Einsatzzwecke», sagt der Ingenieur der ETH Lausanne, der sich für alles begeistert, was mit Mechanik zu tun hat. «Man muss auf erfahrene Leute zugehen, die sich in diesem Bereich auskennen. Die Welt der Dampfspezialisten ist klein, aber es gibt sie, insbesondere bei den Bähnlern. Wir hätten uns natürlich an sie wenden und dort einen Motor bestellen können, aber wir sind ein Verein mit beschränkten Mitteln. Ausserdem war es nicht unser Plan, diesen Aspekt auszulagern.» Die Gruppe prüfte verschiedene Möglichkeiten, suchte sogar in den USA und in Grossbritannien, wo eingefleischte Fans noch immer solche Motoren bauen, nach Optionen. Da es während der Pandemie aber praktisch unmöglich war, in diese Länder zu reisen und sich ein Bild vor Ort zu machen, und auch die Importvorschriften relativ streng sind, wurde diese Idee schliesslich nicht weiterverfolgt. Im Lauf ihrer Recherchen seien sie in Schwyz fündig geworden, sagt Christophe Berthoud. «Ein Rentner besass eine neue Maschine, die in den 1980er-Jahren in England als Kopie eines Modells aus dem frühen 20. Jahrhundert gebaut wurde. Wir haben die Gelegenheit beim Schopf gepackt.»

Gut beraten von Guillaume Linder, der bei der Genfersee-Schifffahrtsgesellschaft CGN für Dampfmaschinen verantwortlich ist, kaufte der Verband den für das Projekt perfekt geeigneten Zweizylinder. «Ohne Guillaumes Erfahrung wären wir aufgeschmissen gewesen», so Christophe Berthoud. «Wir mussten ziemlich viel ändern und Gleichgewicht, Spiel sowie Pleuellager überprüfen. Fachleute haben alles demontiert und bearbeitet. Jetzt ist die Maschine bereit für den Testlauf.»

Technologie der Vergangenheit
Guillaume Linder, Dampfmaschinist-Mechaniker bei der CGN, bringt punktuell sein Wissen ein und unterstützt die Gruppe, wann immer er kann. Die grösste Schwierigkeit sieht er in den fehlenden Informationen: «Kopfzerbrechen bereiten uns vor allem die mangelnden technischen Daten. Die Technologie ist veraltet. Man findet zwar Bücher, Fans besitzen unzählige Werke zu diesem Thema. Das reicht aber nicht, denn es braucht spezielle Berechnungen, die nicht mit denjenigen der heutigen Verbrennungsmotoren vergleichbar sind.» Wenn man ihn auf die Eigenheiten des Motors anspricht, kommt der Mechaniker richtig in Fahrt. Seine Fachkenntnis ist beeindruckend. «Es handelt sich um einen vertikalen Zweizylinder mit doppelter Dampfdehnung. Das heisst, zunächst expandiert Hochdruckdampf in den ersten, kleineren Zylinder und tritt dann in einen zweiten, grösseren Niederdruckzylinder ein. Dabei wird zwischen acht und zehn bar Druck abgegeben, der sieben Dampf-PS erzeugt. Ein Dampf-PS verdrängt einen Rumpf von einer Tonne. Rechnet man genügend Marge für Wellen und Wind hinzu, ergibt dies zwei bis drei PS pro Tonne. Der Motor dreht mit maximal 700 Umdrehungen pro Minute, also sehr langsam. Wir arbeiten mit speziell entwickelten Propellern hauptsächlich am Drehmoment.»


Für ein so anspruchsvolles Projekt braucht es die unterschiedlichsten Fertigkeiten und viel Fachwissen. Einfach sei eigentlich nichts, hält Christophe Berthoud fest. «Wir arbeiten mit Hochdruck, das Material muss entsprechend geprüft werden. Der Heizkessel ist eine Bombe, da muss man entsprechende Sicherheitsmassnahmen treffen. Hinzu kommt, dass wir auf einem Holzboot Feuer machen müssen. Auch das ist mit grossen Risiken verbunden. Es braucht Lösungen, um den Heizkessel mit der Maschine zu verbinden, eine Einspritzpumpe für das Kesselwasser, einen Kondensator, Schmiersysteme und vieles mehr. Die Liste der Probleme ist unendlich lang. Dabei darf man nicht vergessen, dass wir Frondienst leisten und nicht unsere ganze Zeit für diese Arbeit aufwenden können.»

Anstrengende Schifffahrten
Der komplexe Antrieb hält die Mannschaft nicht nur beim Bau, sondern auch auf dem Wasser auf Trab. «Das macht das Ganze ja erst spannend. Mit Dampf zu fahren verlangt viel körperlichen Einsatz», befindet Guillaume Linder. «Man muss die Teile schmieren, das Feuer überwachen und auch sonst alles im Auge behalten. Eine Dampfmaschine ist eine Lunge, die viel Pflege benötigt. Kernpunkt ist die Energiewirtschaft. Der Mechaniker kann auf die Expansionszeit des Dampfes in den Zylindern einwirken. Er braucht dazu keinen Ingenieurstitel, muss aber geschult werden. Es dauert 45 Minuten, um die Maschine auf den Start vorzubereiten. Als Treibstoff verwenden wir Holz. Bei einer Geschwindigkeit von etwa sechs Knoten rechnen wir mit einem Verbrauch von etwa neun Kilo pro Stunde.»

Der Rumpf des Dampfboots wurde im Winter und Frühling 2020 in der Werkstatt in Rolle und die Maschine im Frühling revidiert. Nach der Sommerpause sollen die Arbeiten wieder aufgenommen werden. In der Zwischenzeit muss Mayu seine Werft betreiben. Wenn alles läuft wie geplant, sollte die Schaluppe kommenden Winter fertig sein. Liebhaber alter Boote, Mechanikinteressierte und Fans vergangener Technologien können den Stand der Arbeit im Internet mitverfolgen.

Infos und Projektfortschritt: chaloupeavapeur.ch

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