Belize: Bei diesem Namen denken einige bestimmt an den im Jahr 2000 von Fountaine Pajot lancierten Katamaran Belize 43. Aber Belize ist viel mehr als das. Der Name bezeichnet einen 23‘000 km2 kleinen, zwischen Mexiko und Guatemala gelegenen Mikrostaat mit 300‘000 Einwohnern und einer nachts wenig vertrauenserweckenden Hauptstadt namens Belize City.

Fische gibt es hier in Hülle und Fülle. Die freundlichen Fischer bieten sie zu Spottpreisen an. Ein Genuss! © Emmanuel Van Deth

Der Zwergstaat verdankt seinen Ruf in erster Linie einem Loch – aber was für einem! Die Rede ist vom Great Blue Hole, einem fantastischen, 120 Meter tiefen Whirlpool mit einem Durchmesser von 300 Metern. Dieses in hellem Türkis bis dunklem Ultramarin schillernde Juwel der Natur liegt knapp 80 Seemeilen südöstlich der Hauptstadt am Rand des zweitgrössten Korallengürtels der Welt. Charterfirmen empfehlen übrigens vor dem Verlassen des Riffs einen erfahrenen Skipper mit an Bord zu nehmen. Die Suche nach einem anderen Tauchrevier erübrigt sich allerdings, denn die riesige Lagune ist ein Tauchparadies mit unendlich vielen Möglichkeiten.

Tom Owens Caye: Der Meeresboden bietet dem Anker zwar wenig Halt, aber die Insel ist von einem toten Korallengürtel umgeben. Das hier ansässige Tauchzentrum kämpft gegen die Invasion des Rotfeuerfisches.

Wir nehmen Kurs Richtung Süden. Unsere Basisstation heisst Placencia. Das kleine Hafenstädtchen liegt an einem sehenswerten Sandstrand und besteht aus einem bunten Gemisch kleiner Pfahlbauhütten. Sie wirken wie die Kulisse eines Seefahrerfilms. Placencia wird von zahllosen amerikanischen Aussteigern bewohnt. Die einstigen Rebellen haben ihre Harleys brav versorgt und führen ein geregeltes Leben. Auch amerikanische Geschäftsleute haben die Vorzüge von Placencia erkannt, denn hier ist immer etwas los. Zwischen den Mangroven wurde ein Dutzend Marinas gebaut, grosse Bootsstege warten darauf, die Shuttleboote der grossen Passagierschiffe in Empfang zu nehmen und etliche Jachten sind im Schutz von Placencia Caye, einer kleinen Insel an der südöstlichen Spitze der Halbinsel, vor Anker gegangen. Die meisten segeln unter amerikanischer oder kanadischer, einige wenige auch unter europäischer Flagge. 10 bis 20 Seemeilen weiter östlich wird der Navigationsbereich von einer langen Reihe kleiner Inseln gesäumt.

Allein schon die Strände von Belize sind eine Reise wert. Angesichts der unglaublich reichhaltigen Unterwasserwelt der Lagune erforscht man das kleine Land aber vorzugsweise auf dem Wasser.

Unsere gute alte Privilège 482, die wir bei Trade Wind gechartert haben und die immerhin 22 Jahre auf dem Buckel hat, fährt in Begleitung eines Schwesterschiffes in Richtung Osten. Ab und zu kommt die Sonne durch und lässt das türkisblaue Wasser hell aufleuchten. Wir geniessen diese Momente, denn unsere Segelwoche wird von einer ziemlich hartnäckigen Kaltfront etwas vermiest. Der Kontrast zwischen bedecktem Himmel und Sonnenschein ist faszinierend. Delfine und fliegende Fische sorgen für das richtige Tropenfeeling.

Einsame Inseln

Nach zwei Stunden Fahrt in ost-nordöstlicher Richtung legen wir einige hundert Meter vor Moho Caye an. Wir setzen im Sand Anker, was sich angesichts des dicht bewohnten Meeresbodens als relativ schwierig herausstellt. Näher heranzufahren oder gar an Land zu setzen ist fast unmöglich, denn die Insel ist von einem breiten Korallengürtel umgeben, der bis an die Wasseroberfläche reicht. Mit einer Tauchmaske, einem Schnorchel und einem Paar Schwimmflossen machen wir uns auf Erkundungstour. Es ist, als würden wir in einem reich bestückten Aquarium schnorcheln! Schliesslich erreichen wir einen kleinen mondförmigen Strand und ein paar Kokospalmen: Wir sind auf Moho Caye, einer dieser vielen einsamen Inseln, wo wir uns trotz Zivilisationsnähe ein bisschen wie Robinson fühlen.

Auf den einsamen Inseln kann man eine Pfahlbauhütte mieten und Robinson spielen.

Da der Wind seinen Dienst verweigert, werfen wir am Nachmittag die Motoren an und fahren mit unseren beiden Katamaranen weiter hinaus aufs offene Meer. Nach zwei Stunden erreichen wir Hatchet Caye. Hier wird an Ankerbojen festgemacht. Wir haben die Wahl zwischen fünf Bojen im Westen und zwei im Süden. Die Insel ist zivilisiert, sogar fast wie aus dem Ei gepellt. Die Sträucher haben alle die gleiche Höhe, die Alleen verlaufen wie mit dem Lineal gezogen und werden von einer ganzen Gärtnerarmada sauber gerecht. Mit jeglichem Komfort ausgestattete kleine Mietbungalows mit hölzerner Aussichtsterrasse und herrlichem Blick auf die Lagune können für die stolze Summe von 300 Belize-Dollars pro Person und Nacht gemietet werden. Der Steg überdacht ein Frischwasserbecken, in dem die kleinen Fische vor den im Sturzflug angreifenden Pelikanen Schutz suchen. In dem Gewimmel erkennt man seine eigenen Füsse nicht mehr. Angler dürfen sich auf reiche Beute freuen. Eigentlich sollte man die Fische wieder ins Wasser werfen, aber man kann sich auch mit dem Inselkoch absprechen. Wenn Sie es nicht eilig haben, nehmen Sie einen ortskundigen Führer mit an Bord und besuchen Sie die Silk Cayes, einen Meerespark mit einer aussergewöhnlichen Fauna. Hier tummeln sich unter anderem Schmetterlingsfische, Goldbrassen, Papageienfische, Kaiserfische, Rochen und Langusten.

Ranguana Caye: Seit kurzem stehen hier ein paar Kabellängen vom Ufer und vom Steg entfernt Vertäubojen zur Verfügung.
Erschwingliches Paradies

Wir nehmen Kurs auf Süd-Südwest und legen vor Ranguana Caye, dem für uns schönsten Spot, an. Er besteht aus mehreren, in die üppige Vegetation eingebetteten Bungalows und einer von Desiree und Dembigh geführten Kneipe mit Zeltplatz. Der Preis pro Nacht beträgt gerade einmal 25 Belize-Dollars, also nicht mehr als eine Handvoll Euro. Hier entdecken wir beim Tauchen unsere ersten Adlerrochen. Die Schiffe werden an drei funkelnagelneuen und ebenso sicheren Ankerklötzen festgemacht.

Weiter geht die Reise Richtung Tom Owens Caye im Süden. Das hier ansässige Taucherzentrum wird von einem jungen dynamischen Team geführt. Es kämpft gegen die Invasion des pazifischen Rotfeuerfisches, der aus Unachtsamkeit aus einem Aquarium entfliehen konnte. Er ist für Menschen giftig und breitet sich von den Antillen bis zum Golf von Mexiko und nach Honduras unkontrolliert aus. Mangels natürlicher Feinde versucht man den Haien den Rotfeuerfisch durch gezielte Fütterung schmackhaft zu machen. Wir selbst sind vom Geschmack nicht begeistert, egal, ob im Teig gebacken oder mit Sauce. Aber für die gute Sache haben wir es zumindest versucht.

Vor einem spektakulären Regenbogen machen wir uns auf nach Osten und peilen Seal Caye, einen aussergewöhnlichen Tauchspot mit einer mehr als 30 Meter abfallenden Wand und einigen bis zu zwei Meter langen Barrakudas an. Die Insel kann je nach Windrichtung sowohl von Süden als auch von Norden angefahren werden, Anlegemöglichkeiten gibt es zu beiden Seiten des Riffs. Knapp 10 Seemeilen weiter liegt Hunting Caye. Hier ist Vorsicht geboten, denn die Fahrrinne ist mit Ausnahme einer kaum sichtbaren weissen Boje nicht markiert und den Seekarten fehlt es an Genauigkeit. Auf der Insel befindet sich das Zoll- und Einwanderungsbüro. Es gehört zum guten Ton, mit den Beamten zu verhandeln und ihnen Limonade und Zigaretten anzubieten. Ansonsten ist die Gegend nicht sonderlich aufregend. Wir befinden uns am äusseren Rand des Korallenriffs. Immerhin kann man bei ruhigem Meer ein in der Nähe liegendes Schiffswrack und im Süden einen weiteren Meerespark besuchen.

Wir aber müssen zurück nach Placencia. Unterwegs nach Seal Caye, wo man eine grosse Jurte mieten kann, entdecken wir – ziemlich ungewöhnlich für diese Jahreszeit – die grosse, schwarze Rückenflosse eines Walhais. Das Wetter verschlechtert sich. Diesmal wird der 25 Knoten starke Nordwester von heftigem Regen begleitet. Das kommt uns eigentlich gelegen und wir brechen nach Ost-Nordosten auf. Mit einem Reff im Segel und vier Umdrehungen auf der Genuarolle beweist die Privilège, dass die alte Generation immer noch eine gute Figur macht: Wir sind trotz Festpropeller meist schneller als 10 Knoten.

In No Name Point (Placencia) angekommen, finden wir einen wunderbar ruhigen Ankerplatz. Er liegt mitten in einem von Seekühen bewohnten Mangrovenwald mit weichem Grund und unzähligen jungfräulichen Kanälen, die nur darauf warten, mit dem Beiboot oder einem Kajak erkundet zu werden. Unser letzter Tauchspot heisst Colson Caye. Hier sehen wir uns plötzlich Auge in Auge mit einem tauchenden Pelikan: unser letzter Eindruck von dieser traumhaften Unterwasserwelt.