Innert weniger Jahre ist Balz zu einer weltweiten Grösse im Foilsurfen geworden. Pump-, Wingund Windfoilen: Der unglaublich kreative und vielseitige Rider lässt uns an seinen aktuellen Überlegungen zu seiner Zukunft und seiner Vision für den Wassergleitsport teilhaben.

Das Gespräch führte Quentin Mayerat

Du hast dich im August am Vanora Engadinwind by Dakine am Bein verletzt: zwei Monate Zwangspause! Wie erlebst du diese Zeit?

Ich sage immer, Wassersport ist nicht gefährlich. Du kannst tausend Mal in den See fallen, ohne dass etwas passiert. Das ist nicht wie beim Skateboarden, wo du auf den Asphalt fällst. Aber, wenn du Pech hast und dein Material abbekommst, kann es zu Unfällen kommen. In meinem Fall hat sich der Heckflügel meines Foils tief in meine Wade gebohrt, nachdem ich bei einem Manöver
aus der Fussschlaufe gerutscht war. Das ist bei einem Fotoshooting für Ensis mit meiner Frau Eva passiert. Wir haben dasselbe Board benutzt und ich habe den Fehler gemacht, mir nicht die Zeit zu nehmen, die Fussschlaufen richtig einzustellen. Nun kann ich schon wochenlang nicht mehr surfen, und das nur, weil ich keine drei Minuten Zeit verlieren wollte. Daraus habe ich gelernt, dass man nicht so ungeduldig sein darf! Zum Glück hatte mein Unfall keine schlimmen Folgen. Wenn das Foil jedoch an der falschen Stelle gelandet wäre, hätte das sehr böse enden können. Jetzt, wo ich Zeit habe, mache ich mir Gedanken, wie man Foils weniger gefährlich gestalten könnte. Ich denke, Sicherheit ist wichtiger als Performance. Man wollte immer schnellere, dünnere, leistungsstärkere Foils entwickeln. Ich finde, es ist wichtig, nun auch mal in die andere Richtung zu denken.

“Ich glaube, dass die Zeit für eine Revolution hin zu lokalen Produkten made in Switzerland gekommen ist.”

Du hast immer so viele Ideen, wie man den Wassergleitsport weiterentwickeln könnte. Wie arbeitest du mit den verschiedenen Marken zusammen, die dich unterstützen?

Forschung und Entwicklung ist mein Steckenpferd, denn, um sich auf dem Wasser zu verbessern, brauchst du Material, das dir zusagt. Ich habe das Glück, dass drei meiner Markenpartner ihren Sitz in der Nähe von mir haben. So können wir prima zusammenarbeiten. Vor allem können wir Material direkt auf den Schweizer Seen entwickeln. Ich denke, das ist sinnvoller, als auf Maui
Ausrüstung zu entwickeln, mit der später in der Schweiz gesurft wird. Zu Sabfoil, einem kleinen Unternehmen in Norditalien, gehe ich regelmässig ins Werk und komme mit neuen Prototypen zurück. Unter meinen Schweizer Freunden entstehen zudem immer mehr «Garagenprojekte». Ich glaube, dass die Zeit für eine Revolution hin zu lokalen Produkten made in Switzerland
gekommen ist. Bei immer mehr Marken erfolgt das Design in der Schweiz, das ist eine gute Entwicklung. Ich hoffe jedoch, dass man künftig mit Produkten surfen wird, die in der Schweiz und in Europa gefertigt wurden. Nur mit Leidenschaft kann man etwas bewegen. Es muss klar sein, dass man ein Foil nicht einfach am Computer entwerfen kann, ohne damit zu surfen.

©Sailing Energy

Beim Engadinwing, einem Tourstopp der GWA Wingfoil World Tour, hat man gesehen, dass sich die jungen Talente gegenüber den sehr erfahrenen Ridern durchsetzen konnten. Findet hier bereits ein Umbruch statt?

Ich finde es wirklich cool, wie die Jungen die Zukunft des Wingens gestalten; im Gegensatz dazu tut sich das Windsurfen mit einem Wandel schwerer. Bei den WingWettbewerben kann das Durchschnittsalter durchaus auch mal unter 18 Jahren liegen. Es ist unglaublich, wie schnell sich der Sport entwickelt. Mit 28 bin ich zwar nicht alt, aber wenn du gegen einen 16-Jährigen antrittst und siehst, was der für Tricks hinlegt, hast du manchmal das Gefühl, du kannst dich gar nicht mehr bewegen! Die Jungen haben keine Angst, hatten noch keine Verletzungen – das sind die besten Voraussetzungen! Jetzt, wo ich verletzt bin, träume ich von zahlreichen Moves.

©Sailing Energy

Du hast gesagt, die Windsurfszene tut sich schwer, neuen Schwung zu finden. Warum, glaubst du, scheint die PWA auf dem absteigenden Ast zu sein?

In den 45 Jahren, seitdem das Windsurfen existiert, war die Lage noch nie so gravierend. Es ist heutzutage sicherlich nicht leicht, den Gleitsport als Profisport am Leben zu erhalten, doch es fehlen Organisatoren mit ausreichend Motivation, um etwas zu bewegen. Die Rider bringen sich nicht genug ein. Durch Corona hatte jeder eine Entschuldigung für seine Untätigkeit. Es liegt
an den Ridern, sich zu organisieren, um der Profi-Tour neuen Schwung zu geben. Bei den Freestyle-Heats sind jetzt zum Beispiel Foils zugelassen. Das Problem ist: Damit ein Lauf stattfinden kann, muss genug Wind vorhanden sein, um mit der Finne gleiten zu können. Wenn wir also einen Wettkampf angesetzt haben und weniger als 15 Knoten Wind herrschen, wird nicht gefahren, obwohl es mit dem Foil möglich wäre. Ich glaube, dass die Freestylers im Moment lieber freeriden als Wettkampf fahren.

©Tobias Meier

Du hast selbst gesagt, du bist nicht alt, gehörst aber nicht mehr zu den Jungen. Wie stellst du dir deine weitere Karriere vor?

Ich möchte der Gleitsportgemeinschaft gern etwas von meiner Erfahrung vermitteln. Ich habe meine ersten Clinics veranstaltet und bin zum Glück auf motivierte Leute gestossen. Ausserdem würde ich den Gleitsport in der Schweiz gerne promoten. Und ich würde gerne Material anbieten, das gut funktioniert und mit dem man Spass in der Natur haben kann. Ich hätte Lust, mich in der Forschung und Entwicklung für neue Produkte einzubringen und ein wenig von meiner Erfahrung an die Jungen weiterzugeben. Darüber hinaus arbeite ich an einem «Garagenprojekt» mit AirInside, um neue Wing-Boards herauszubringen. Mein Ziel ist es, Kräfte zu bündeln und die lokalen Produkte zu promoten. Ich liebe Wettkämpfe, aber ich habe festgestellt, dass ich durch mein Familienleben nicht an allen Events teilnehmen kann.

©Yellow Flag

Träumst du immer noch von grossen Wellen?

Ich träume immer von Wellen! Als ich jünger war und Patrik Diethelm in Australien besucht habe, war ich mir sicher, dass ich irgendwo hinziehen wollte, wo ich regelmässig wellenreiten könnte. Doch ich bin in der Schweiz geboren und ich habe Lösungen gefunden. Ich reite Seewellen, Bootswellen, ich liebe BowlSkateboarding und Surf-Skateboarding. Und durch Alaïa und Saint-Blaise haben wir ja auch Wellen in der Schweiz. Zwei oder drei Tage pro Jahr gibt es in der Schweiz richtige Wellen und da lasse ich es krachen. Aber Ozeanwellen – klar, davon träume ich täglich!