Ende Juni ist das Ocean Race 2023 mit dem Sieg von 11th Hour Racing Team zu Ende gegangen. Erstmals an der beinharten Weltumsegelung mit dabei waren die IMOCA-Jachten. Der durchschlagende Erfolg eröffnet der Klasse neue Zukunftsperspektiven.

Text: Servane Dorléans

Die Regatta blieb spannend bis zum Schluss. Sie wurde am grünen Tisch entschieden, nachdem Spitzenreiter 11th Hour Racing einen «Antrag auf Wiedergutmachung» gestellt hatte. Er war mit Guyot Environnement – Team Europe kollidiert, das ihm kurz nach dem Start in Den Haag den Vortritt genommen hatte. Die Jury gab dem Antrag statt. Mit drei Etappensiegen gewann das US-Team die Gesamtwertung vor Holcim – PRB und Team Malizia. Zu diesem Triumph trug auch Justine Mettraux bei, die auf der zweiten, dritten und fünft en Teilstrecke an Bord war. «Der Erfahrungswert ist an keiner anderen Regatta so gross wie am Ocean Race», sagte sie nach der Siegerehrung. «Mit einer IMOCA-Jacht durch das Südpolarmeer zu segeln, ist unglaublich lehrreich. Ich habe das Boot und den Kurs dabei besser kennengelernt und das erste Mal in meinem Leben das Kap Hoorn gerundet.»

Auch die anderen Teilnehmenden hätten Aussergewöhnliches erlebt, sagt IMOCA-Präsident Antoine Mermod. «Aus sportlicher Sicht war während des gesamten Rennens eine Steigerung zu beobachten. Technisch hingegen zeigten einige Elemente Ermüdungserscheinungen. Die Regatta war sehr intensiv und hat uns wirklich auf allen Ebenen gefordert.» Für Mermod ist klar: Das Ocean Race hat im Klassenkalender vor allem aus einem Grund Platz. «Eine erfolgreiche Vendée-Globe-Kampagne kostet 10 bis 15 Millionen Euro für vier Jahre. Alles auf dieses eine Rennen zu setzen ist etwas gewagt, denn es ist mit grossem sportlichem, technologischem und finanziellem Aufwand verbunden. Mit dem Ocean Race können wir den Skippern und Sponsoren neue Möglichkeiten bieten. Es ist daher eine gute Ergänzung zur Vendée Globe. Heute gibt es 45 aktive Projekte und am Ocean Race können 15 Boote teilnehmen.»

Stets am Limit

Charlie Dalin würde dem Klassenpräsidenten bestimmt beipflichten. Der Skipper der MACIF segelte die 5. Etappe von Newport nach Aarhus auf der 11th Hour Racing. Das Ocean Race sei für ihn ein Traum, meinte er: «Wir haben an diesem Rennen Unglaubliches gesehen. Allein schon die Tatsache, dass der 24-Stunden-Rekord gleich mehrmals gebrochen wurde, ist völlig verrückt. Für mich war es sehr interessant, hinter die Kulissen zu blicken und zu erkennen, was die Teams an Land tagtäglich leisten. Wer sich Siegeschancen ausrechnen will, muss auf herausragende Seglerinnen und Segler, ein gutes Boot und ein hochkompetentes technisches Team zählen können. Das Boot wird ständig bis ans Limit getrieben. Den Atlantik in einem solchen Tempo zu überqueren ist genial. Und die Arbeit an Land gleicht einem Wettlauf gegen die Zeit.» Charlie hofft, dass er das Rennen auch einmal selbst segeln kann und die Flotte weiter wächst. «Idealerweise sollte man das Ocean Race auf einer speziell auf die Regatta zugeschnittenen, teamoptimierten IMOCA bestreiten», befindet er. Am Ocean Race Europa 2025 und am Ocean Race sind auf jeden Fall ausschliesslich IMOCA-Jachten zugelassen.